Österreichs junger Cellist

Jeremias Fliedl klont sich selbst

Die „Transformation“-CD Jeremias Fliedls 
Die „Transformation“-CD Jeremias Fliedls Berlin Classics
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Der junge Cellist aus Kärnten erobert CD-Studios, die Konzertsäle, spielt mit sich selbst um die Wette – und Montag Abend mit Maximilian Kromer im Wiener Alten Rathaus.

Jeremias Fliedl (23), musikalischer Hoffnungsträger aus Kärnten, musiziert heute, Montag Abend, im Bank Austria Salon im Wiener Alten Rathaus. Er präsentiert dabei gleich Ausschnitte aus seiner neuen CD, die fulminant geworden ist.

Was er live nicht realisieren kann: Die zündende Dança aus Heitor Villa-Lobos’ „Bachianas Brasilieiras Nr. 5“. Die hat er nämlich im CD-Studio mit sich selbst aufgenommen, was bedeutet: Neun Cellostimmen hat er einzeln aufgenommen und dann höchstselbst zu einem wirklich hörenswerten Cocktail gemischt. Das swingt so richtig.

Was Fliedl heute, begleitet von Maximilian Kromer, aus dieser „Bachiana“ spielen kann, das ist das Einleitungsstück, die melancholische „Aria“, die es auch in einer Version für Cello und Klavier gibt. Sie steht inmitten eines Programms, das von Igor Stawinskys „Suite italienne“ und Peter Iljitsch Tschaikowskys Variationen über ein Rokokothema umrahmt wird, zwei Nummern, die auch auf der CD zu hören sind – in Orchesterversionen, begleitet vom Württembergischen Kammerorchester unter Emmanuel Tjeknavorian. 

Schubert-Innigkeit

Im Übrigen gibt es im Alten Rathaus noch Franz Schuberts wunderbare „Arpeggione-Sonate“ und irgendwie ist an diesem Konzertabend – wie auch auf der CD – alles Aneignung, Variation, Arrangement; denn, um gleich mit Schubert zu beginnen, von der Arpeggione eine Art Cello-Gitarre, haben wir zwar eine Ahnung, wie sie konstruiert war, können aber kaum ahnen, wie sie tatsächlich geklungen hat. Die Sonate gehört immerhin zu den innigsten Kammermusik-Arbeiten des Komponisten und macht sich auch auf dem Cello sehr gut; zumal wird sich der wunderbar gedeckte, auf angenehme Weise nasale und bis in die höchsten Lagen satte Ton Jeremias Fliedls genießen lassen, der in den nobelsten Momenten sozusagen Schönbrunner-Deutsch spricht.

Bestechend an den Aufnahmen mit Tjeknavorian ist jedenfalls der Elan und die rhythmische Prägnanz des Spiels, in Strawinskys Suite zumal, die – apropos Aneignung – einige Sätze aus der wiederum auf Barock-Vorlagen basierenden Ballettmusik zu „Pulcinella“ enthält. Tschaikowsky hat im Gegenzug sein „Rokokothema“ selbst erfunden, aber ganz im Geiste der Zeitgenossen seines Idols Mozart, und in den Variationen dann hie und da von höchst einschmeichelnder Linienführung. Das ist dann alles andere als Rokoko, eher schon Romantik auf dem Weg zur Filmmusik.

Da ist Fliedl phrasierend ganz in seinem Element – er beseelt auch die scheinbar spröde „Trauermusik“, die Paul Hindemith einst in Windeseile auf den Tod des englischen Königs Georg V. geschrieben hat zum wirklich bewegenden Instrumentalgesang. Um den zu hören, müssen Musikfreunde allerdings die CD erwerben. Wer heute keine Zeit hat, könnte am 18. April den Bank Austria Salon besuchen. Da ist Fliedl wieder mit von der Partie, um mit Ulrich Manami (Klarinette) und wiederum Maximilian Kromer am Klavier Kammermusik zu machen, Brahms, Beethoven („Gassenhauer-Trio“) und eine Rarität von Sibelius stehen dann auf dem Programm.

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