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Warum haben so viele Angst vor der Zukunft?

John F. Kennedy bat seine Bürger, nicht zu fragen, was der Staat für sie tun kann.
John F. Kennedy bat seine Bürger, nicht zu fragen, was der Staat für sie tun kann.Imago / Imago
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Gerhard Hofer
stv. Chefredakteur

Gerhard Hofer
 

Guten Morgen,

blicken Sie auch mit Sorgen in die Zukunft? Nein? Dann schätzen Sie sich glücklich, denn die Mehrheit plagt Zukunftsängste. In Deutschland fürchten sich zwei Drittel der Leute vor dem, was kommen mag. Das ergab eine Umfrage der Wirtschaftsauskunftei Schufa, wie in der „Welt am Sonntag“ zu lesen war. Es sind vor allem finanzielle Sorgen, die die Menschen belasten. Und das, obwohl die Inflation bereits wieder abflacht, die Energiepreise sinken und die meisten Wirtschaftsforscher davon ausgehen, dass die Konjunktur spätestens Mitte des Jahres wieder an Fahrt gewinnt. Gegen dieses flaue Gefühl im Bauch helfen keine Zahlen und Prognosen. Aber wer kann denn sonst dagegen helfen? Dreiviertel der Befragten haben auch darauf eine klare Antwort: „Der Staat.“

Aus Österreich gibt es diesbezüglich nur eine aktuelle Umfrage, jene aus Salzburg, wo die Kommunisten 25 Prozent der Stimmen bekommen haben. „Aber wenn selbst die Wirtschaftskammer 100.000 Euro vom Staat für jeden Häuslbauer fordert und sich die Neos für ein staatliches Grunderbe in der Höhe von 25.000 Euro für jeden 18-Jährigen einsetzen, muss man sich nicht groß wundern, dass so fleißig KPÖ gewählt wird“, schrieb Franz Schellhorn, Chef der Agenda-Austria, jüngst in seinem Gastkommentar in der „Presse“.

Was muss also geschehen, um hier wieder in die Spur zu kommen? Nehmen wir doch Anleitung bei John F. Kennedy, Margaret Thatcher und Michail Gorbatschow.

1. John F. Kennedys Satz, „Frag nicht, was dein Land für dich tun kann; frage, was du für dein Land tun kannst“, hat weitestgehend ausgedient. In Österreich hat er wohl nie gegolten. Schade. Denn Demokratie ist bekanntlich eine Mitmachveranstaltung. Und es geht nicht nur darum, dass immer weniger Menschen ihr aktives Wahlrecht ausüben und die Wahlbeteiligung sinkt. Auch die Quellen, aus denen sich das politische Personal speist, trocknen zusehends aus. Laut einer Erhebung aus dem Jahr 2021 haben 51 der 183 Abgeordneten im Nationalrat „keine berufliche Tätigkeit“ neben ihrem Abgeordnetenjob. 27 hatten eine politische Funktion (etwa Bürgermeister), 15 waren bei einer Sozialversicherung, Interessensvertretung oder Partei angestellt und 15 im öffentlichen Dienst. Aber nur acht Mandatare kamen aus der Industrie bzw. dem produzierenden Gewerbe. Ja dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn Standortpolitik de facto nicht stattfindet und wirtschaftliche Bildung nicht nur an den Schulen, sondern auch im Parlament zu kurz kommt.

Margaret Thatcher wusste, dass „Geld nicht vom Himmel fällt“.
Margaret Thatcher wusste, dass „Geld nicht vom Himmel fällt“. (c) imago images/Photoshot. All righ (Photoshot. All rights reserved./)

2. Von Margaret Thatcher stammt der Satz: „Geld fällt nicht vom Himmel, man muss es sich hier auf Erden verdienen.“ Es hilft also, mehr statt weniger zu arbeiten. In Österreich arbeiten 30 Prozent der Beschäftigten Teilzeit, damit liegen wir in Europa im Spitzenfeld. Obwohl in den vergangenen Jahren die Zahl der Beschäftigten im Schnitt um ein Prozent stieg, ging die durchschnittliche Arbeitszeit um 1,5 Prozent zurück. So wird es nicht gelingen, unseren Wohlstand zu halten.

Michael Gorbatschow wollte Teil der Lösung, nicht des Problems sein.
Michael Gorbatschow wollte Teil der Lösung, nicht des Problems sein.Clemens Fabry

3. Michail Gorbatschow wird schließlich folgender Satz zugeschrieben: „Man ist entweder Teil der Lösung, oder Teil des Problems.“ In Österreich, formulieren wir es einmal vorsichtig, sind viel zu wenige Teil der Lösung. Das beste Beispiel sind die elendslangen Genehmigungsverfahren. Schuld ist nicht etwa die „überbordende Bürokratie“, sondern der Widerstand aus der Bevölkerung. Erst am Freitag wurde ein Windparkprojekt im niederösterreichischen Weinviertel nach einem acht Jahre langen Genehmigungsmarathon vom Bundesverwaltungsgericht abgesegnet. Betreiber EVN weiß gar nicht, ob er sich freuen soll. Denn mittlerweile sind die genehmigten Windräder längst veraltet. So wird das nichts mit Energiewende und Planungssicherheit für Unternehmen. Es braucht eindeutig mehr Bürgerinitiativen, die Teil der Lösung sein wollen.

Mir bleibt nur noch, Ihnen einen lösungsorientierten Start in die neue Woche zu wünschen.

Es grüßt Sie sehr herzlich,

Gerhard Hofer

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