Die Mitgliedstaaten strafen symbolisch einige russische Justizbeamte. Von politisch heißen Eisen lassen sie die Finger.
Brüssel. Mit einem kleinen Paket an „Nawalny-Sanktionen“ quittierten die Außenminister der Mitgliedstaaten am Montag den Tod des prominentesten russischen Oppositionellen, Alexej Nawalny, in einer Strafkolonie in der sibirischen Arktis vor einem Monat. Rund 30 Funktionäre des russischen Staatsapparates, denen die Union eine Mitverantwortung am weiterhin ungeklärten Ableben Nawalnys zuschreibt, dürften nun nicht mehr in die EU einreisen, ihre etwaigen hiesigen Vermögenswerte werden eingefroren.
Doch jenseits dieses symbolischen Aktes mangelt es den 27 Regierungen weiterhin am politischen Willen, zwei enorme Lücken in ihrem Sanktionsregime gegen Moskau zu schließen. Die erste betrifft die sogenannte „Schattenflotte“ an Tankern, die in Umgehung der westlichen Sanktionen russisches Öl auf die Weltmärkte bringen. Laut einer Analyse des Atlantic Council, einer Washingtoner Denkfabrik, gibt es rund 1400 solcher zumeist älterer Schiffe ohne korrekte Versicherung, die sich hinter undurchsichtigen, verschachtelten Eigentümerstrukturen und unter häufigem Wechsel der Flaggennation dem Zugriff der Sanktionsbehörden entziehen. Laut Analyse von Robin Brooks von der Brookings Institution, einem weiteren Washingtoner Thinktank, stammen viele dieser „Schattentanker“ von griechischen Reedern, die sie diskret an Russland verkauft haben, beziehungsweise der russischen Ölindustrie zur Verfügung stellen. „Die EU kann diese Flotte mit einem Federstrich beenden, weil diese Schiffe durch die dänischen Meerengen fahren“, schrieb Brooks dieser Tage auf der Plattform X. „Den griechischen Reedern zu verbieten, ihre Schiffe an Putin zu verkaufen, ist der erste Schritt.“