Grenzstreit

Armeniens Premier befürchtet Krieg gegen Aserbaidschan „bis Ende der Woche“

Paschinjans Politik ist umstritten, Demonstranten schwenken Fahnen Armeniens und jene von Nagorno-Karabach in der Haupstadt Jerewan.
Paschinjans Politik ist umstritten, Demonstranten schwenken Fahnen Armeniens und jene von Nagorno-Karabach in der Haupstadt Jerewan.Imago / Alexander Patrin
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Die Gespräche der beiden Nachbarn über Frieden geraten ins Stocken. Gestritten wird über den genauen Verlauf der rund 1000 Kilometer langen Grenze. Aserbaidschan besteht zudem auf die Rückgabe von vier Dörfern und mehreren kleinen Enklaven.

Ein halbes Jahr, nachdem die armenische Seite die Kontrolle über die Region Berg-Karabach an Aserbaidschan verloren hat, warnt Armeniens Ministerpräsident Nikol Paschinjan vor einem neuen Krieg mit dem Nachbarn. Sollte Armenien nicht auch der Rückgabe von vier aserbaidschanischen Dörfern zustimmen, die es seit den frühen 1990er Jahren kontrolliert, könnte es „bis Ende der Woche“ zu einem Krieg kommen, zitierte ihn die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass am Dienstag.

„Ich weiß, wie so ein Krieg enden würde“, fügte er hinzu. Paschinjan äußerte sich dem Bericht zufolge vor Bewohnern der Grenzregion, in der die seit mehr als 30 Jahren unbewohnten Dörfer liegen. Armenien hatte im vergangenen September eine bittere Niederlage erlitten, als aserbaidschanische Truppen in einem zweiten Schritt nach 2020 bei einer Blitzoffensive Berg-Karabach unter ihre Kontrolle brachten. Die geschätzt etwa 100.000 ethnischen Armenier in der Region flohen daraufhin nach Armenien.

Anschließend zeigten sich beide Nachbarn bereit, einen offiziellen Friedensvertrag zur Beilegung des jahrzehntelangen Konflikts zu unterzeichnen. Die Gespräche gerieten jedoch wegen Meinungsverschiedenheiten wie etwa der Demarkation der 1.000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze ins Stocken. Aserbaidschan besteht zudem auf die Rückgabe der vier Dörfer und mehrerer kleiner Enklaven.

Strategisch relevante Dörfer

Für Armenien wiederum sind die Dörfer strategisch relevant, da sie an einer wichtigen Verbindungsstraße zwischen der Hauptstadt Jerewan und der georgischen Grenze liegen. Paschinjan hat in den vergangenen Wochen allerdings Bereitschaft signalisiert, noch von Armenien kontrolliertes aserbaidschanisches Land zurückzugeben, und vorgeschlagen, das Straßennetz Armeniens umzuleiten, um aserbaidschanisches Territorium zu umgehen.

Aserbaidschans autokratisch herrschender Präsident Ilham Aliyev hatte am Sonntag erklärt, ein Friedensabkommen mit Armenien sei „näher denn je zuvor“. Er äußerte sich nach Gesprächen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Am Dienstag traf Stoltenberg Paschinjan in Armenien. Lange Zeit war das Land in einem Abhängigkeitsverhältnis im Militär- und Energiebereich mit Russland verbündet. Doch das Verhältnis ist belastet. Jerewan hat Moskau vorgeworfen, seiner Rolle als Schutzmacht nicht gerecht geworden zu sein, und in der Folge seine Außenpolitik mehr auf den Westen ausgerichtet. (APA/Reuters)

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