Klima

Irrtum der Experten: Es gibt mehr Hitzetage

Hitzetag ist nicht gleich Hitzetag: Wissenschaftler haben genau hingeschaut und einen Fehler gefunden.
Hitzetag ist nicht gleich Hitzetag: Wissenschaftler haben genau hingeschaut und einen Fehler gefunden.APA/Georg Hochmuth
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Wissenschaftler haben die Berechnung von Hitzetagen zu unkritisch übernommen. Das führt dazu, dass in manchen Regionen die Zahl solcher Hitzetage unterschätzt wurde, teilweise stark. Aber: Europa ist davon so gut wie gar nicht betroffen.

Es gibt zwei Möglichkeiten, Hitzetage zu definieren – es kann entweder ein absoluter Wert herangezogen werden oder ein relativer. Der absolute Wert – 35 Grad Celsius zum Beispiel – ist eine klare Sache, aber nicht für einen internationalen Vergleich geeignet. Denn: In Österreich mag es aussagekräftig sein, wenn die Zahl der Tage mit einer Höchsttemperatur von 35 Grad oder mehr gezählt werden. Aber dieser Wert ist für die arktische Region nicht brauchbar, obwohl es auch dort Hitzetage gibt. Somit werden unterschiedliche Grenzwerte verwendet.

Wiener Wissenschaftler haben sich nun diese Annahmen genauer angeschaut und die Frage gestellt: Wie wurde der Grenzwert für die jeweilige Region festgelegt? Dabei wurde oft die Anzahl der Tage zur Berechnung der Grenzwerte erhöht. In den Studien, die die Wiener Wissenschaftler herangezogen haben, wurden die Zeitfenster von fünf bis auf 31 Tage erhöht. Dadurch hat der Temperatur-Jahresgang den Grenzwert verfälscht.

„Das wurde in vielen Studien bisher übersehen“, berichtet Lukas Brunner, Senior Scientist am Institut für Meteorologie und Geophysik an der Universität Wien. Aufgefallen sei dies nicht, weil die Grundannahme – die Definition der Zahl der Hitzetage – nicht infrage gestellt worden sei, sondern der Fokus auf die eigentliche, danach anschließende Forschungsfrage gerichtet gewesen sei.

Brunner und sein Kollege Aiko Voigt, Professor am Institut, haben dabei die Ergebnisse in zwei Durchgängen angeschaut: einerseits im Vergleich zur Normalperiode zwischen 1961 bis 1990, in der es ein nur schwaches Klimasignal gegeben hat; und andererseits im Vergleich mit der anschließenden Normalperiode von 1991 bis 2020, in der das Signal der Klimaerhitzung deutlich stärker vorhanden war.

Diese Auswertungen bringen zutage, dass es über dem Nordatlantik oder in Nordamerika mehr Hitzetage gegeben hat als bisher angenommen. Ebenso gilt dies für die arabische Halbinsel. Weil die Zahl der Hitzetage in der länger zurückliegenden Normalperiode noch oben korrigiert werden muss, ist aber auch der Anstieg in der jüngeren Normalperiode überschätzt worden. Die Relation hat sich verschoben, nicht aber die Absolut-Werte.

Europa ist davon kaum betroffen. Denn über diesem Kontinent sind die Variabilitäten stärker ausgeprägt als in anderen Erdteilen. Die Vorgangsweise, die heißesten zehn Prozent der Tage als Hitzetage zu definieren, hat also ziemlich genau ins Schwarze getroffen.

Die Definition der Hitzetage ist eine Vorfrage, auf die dann andere Forschungsfragen aufgesetzt wurden – vom Wasserverbrauch bis zur Gesundheit von Menschen. Inwieweit die eigentlichen Studien, die als Grundthese eine Zahl von Hitzetagen haben, nun umzuschreiben sind, bleibt vorerst offen. Denn das hängt von jeder einzelnen Studie und den darin verwendeten Definitionen und von den Forschungsfragen ab.

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