Leitartikel

Wir haben nicht zu wenig Geld, wir haben zu wenig Zuversicht

Die Österreicher spüren die Teuerung genau. Dass sie auch mehr verdienen, vergessen sie. Die „gefühlte“ Verarmung im Land hemmt den Aufschwung. 

Es ist egal, wohin man blickt: Vom Mittagsmenü über die Stromrechnung bis zum Urlaubsflug ist heute alles teurer, als es noch vor zwei, drei Jahren war. Und entsprechend zögerlich sind die Österreicherinnen und Österreicher auch, wenn es darum geht, ihr Geld wieder auszugeben. Die Menschen halten sich zurück. Und zwar so sehr, dass die Ökonomen von Wifo und IHS den angekündigten Aufschwung für 2024 vorerst absagen mussten. Statt eines kräftigen Wirtschaftswachstums dürfte es irgendetwas zwischen Stagnation und Miniplus geben. Und selbst das ist alles andere als sicher. Die Wirtschaftsforscher bauen darauf, dass die Menschen nach Jahren der teuerungsbedingten Sparsamkeit wieder in die Supermärkte stürmen und die Möbelhäuser leerkaufen. Doch diese Hoffnung könnte enttäuscht werden, denn der Krisenmarathon der letzten Jahre hat Spuren hinterlassen.

Fast drei Jahre Dauerbeschallung über Teuerung, Energiekrise und Geldentwertung haben die Menschen nachhaltig verunsichert. Dass sich die Inflationsrate mit zuletzt 4,3 Prozent von ihrem Höchststand deutlich entfernt hat und weiter sinken wird, ist zwar theoretisch entlastend, beruhigt in der Realität aber nicht. Vielmehr erstickt der Blick auf die deutlich niedrigeren Inflationsraten im Rest Europas etwaige Kauflust schon im Keim.

Die Unternehmen erkennen das Problem und senken ihre Preise. Supermärkte füllen ganze Werbeprospekte mit „dauerhaft“ billigeren Waren. Manche Möbelhändler wollen ihre Preislisten sogar wieder auf Vor-Corona-Niveau zurückschrauben. Selbst die Stromanbieter geben (auf sanften Druck und bei etwas Beharrlichkeit) die halbierten Preise an den Börsen schön langsam an die Endkunden weiter. Aber reicht das aus, um die Stimmung zu drehen? Kann das 2024 einen Unterschied machen, wenn doch in jeder zweiten Wahlkampfrede nur noch von der Verarmung des Landes die Rede ist?

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