Krieg in der Ukraine

Russland dürfte einmal mehr Hyperschallraketen auf Kiew abgefeuert haben

Ukrainische Einsatzkräfte rücken in Kiew aus, nachdem ein Gebäude durch eine Rakete schwer beschädigt wurde.
Ukrainische Einsatzkräfte rücken in Kiew aus, nachdem ein Gebäude durch eine Rakete schwer beschädigt wurde.Reuters / Gleb Garanich
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Ballistische Raketen zerstörten mehrere Gebäude in Kiew. In der Südukraine löste ein russischer Drohnenangriff Stromausfälle aus - etwa in Odessa. Russland meldet wiederum Drohnenangriffe auf die Region Rostow.

Die russische Armee hat die ukrainische Hauptstadt Kiew mit ballistischen Raketen angegriffen. Bürgermeister Vitali Klitschko zufolge wurden im zentralen Stadtbezirk Petschersk vier Menschen verletzt, zwei von ihnen kamen ins Krankenhaus. Russische Kampfdrohnen hatten zuvor die Stromversorgung in den Gebieten Odessa und Mykolajiw in der Südukraine beschädigt. In Odessa fiel deswegen teilweise der Strom aus.

Laut Klitschko wurde in Kiew auch ein unbewohntes dreistöckiges Gebäude beschädigt. Raketentrümmer fielen zudem in zwei anderen Stadtteilen herab. Angaben der ukrainischen Luftwaffe zufolge waren zwei ballistische Raketen von der russisch kontrollierten Halbinsel Krim auf die Millionenstadt abgefeuert worden. Beide seien abgeschossen worden. Im Zentrum waren zuvor gut ein halbes Dutzend Explosionen von Flugabwehrraketen zu hören gewesen. Der Luftalarm konnte nur wenige Sekunden vorher ausgelöst werden. Laut der US-Botschafterin der Ukraine, Bridget Brink, erfolgten die Angriffe mit Hyperschallraketen.

Kuleba fordert mehr Luftabwehr-Systeme

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte die internationalen Partner nach der neuerlichen Attacke auf Kiew auf, mehr Luftabwehr zur Verfügung zu stellen. Es gebe keine Gräueltaten, die Russland nicht begehen würde, schrieb er auf der Online-Plattform X. Dies umfasse auch einen Raketenangriff auf das Herz einer Millionenstadt. Die Ukraine müsse die Luftabwehr dringend ausbauen und brauche insbesondere Patriot-Systeme und Raketen, die jeglichen russischen Angriff abwehren könnten.

Der öffentliche Nahverkehr mit Straßenbahnen und Oberleitungsbussen in Odessa musste nach Angaben der Stadtverwaltung eingestellt werden. Niemand sei verletzt worden. Auch im Gebiet Mykolajiw sei ein Umspannwerk beschädigt worden und in Brand geraten, teilte der Energieversorger Ukrenerho mit. Nach Militärangaben stürzten dort auch Trümmer einer Drohne auf ein zweigeschossiges Wohnhaus. Es sei in Brand geraten. Elf Menschen seien verletzt worden, zwei von ihnen schwer. Die ukrainische Armee teilte in der Früh mit, dass in der Nacht acht von neun russischen Drohnen, die von der Halbinsel Krim aus gestartet waren, abgeschossen wurden. Wie die Nachrichtenagentur Ukrinform weiter meldete, gab es sechs Luftangriffe auf die Region Saporischschja sowie Artilleriebeschuss auf vier Orte in der östlichen Grenzregion Sumy.

Vermehrt Attacken auf ukainische Energieversorgung

Die russische Armee richtet ihre Luftangriffe seit einigen Tagen wieder verstärkt gegen die Energieversorgung der Ukraine. Vor allem in der ostukrainischen Großstadt Charkiw löste dies große Probleme aus. Die Reparaturen am Netz dort bräuchten noch etwa eine Woche, sagte Ukrenerho-Chef Wolodymyr Kudryzkyj im ukrainischen Fernsehen.

In Russland gab es in der Nacht auf Montag einen Brand im Strom- und Wärmekraftwerk von Nowotscherkassk, der größten Anlage dieser Art im Gebiet Rostow. Hier deuteten inoffizielle Angaben auf einen ukrainischen Drohnenangriff hin. Offiziell teilte die Regionalverwaltung mit, die Brandursache werde ermittelt. Das Feuer sei gelöscht worden. Zwei Blöcke des Kraftwerks und zwei Überlandleitungen seien abgeschaltet worden. Der Gouverneur der Region, Wasili Golubew, sprach von elf ukrainischen Drohnen, die abgeschossen worden seien.

Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren eine großangelegte russische Invasion ab. Sie hat in den vergangenen Monaten die Reichweite ihrer Drohnen erhöht und greift damit vor allem Ziele in der russischen Ölindustrie an.

Ungeachtet der verstärkten russischen Angriffe mit Bomben und Raketen auf Städte der Ukraine gibt sich deren Präsident Wolodymyr Selenskij kämpferisch. Sein russischer Widersacher, Kremlchef Wladimir Putin, habe als „Feind des menschlichen Lebens kein Recht zu gewinnen“, sagte Selenskij am Sonntag in einer Videoansprache. „Er muss die Fähigkeit verlieren, das Leben anderer zu zerstören.“ Nur so könne die Sicherheit gewährleistet werden - für die Ukrainer und die ganze Welt.

Seit einer Woche Hunderte Angriffe

Angesichts der verstärkten Angriffe mit Drohnen, Raketen und Gleitbomben betonte Selenskij einmal mehr die Notwendigkeit, den Luftschutzschild zu stärken. Seit dem vergangenen Montag habe das russische Militär fast 190 Raketen verschiedener Typen und fast 140 Kamikaze-Drohnen eingesetzt. Dazu seien fast 700 gelenkte Luftbomben auf Ziele in der Ukraine abgeworfen worden, führte Selenskij weiter aus. „In den mehr als zwei Jahren dieses Krieges hat es keine einzige Woche gegeben, in der Russland auf Terror verzichtet hat.“ Allerdings bemühe sich die Ukraine, „dass die russischen Besatzungstruppen unsere völlig gerechte Antwort auf diesen Terror genauso zu spüren bekommen - jede Woche, jeden Tag“.

Durch die jüngsten Angriffe ist in der ostukrainischen Großstadt Charkiw und Umgebung die Versorgung mit Strom und Heizung ausgefallen. Fast 200.000 Menschen seien dort ohne stabile Stromversorgung und müssten zudem Abschaltungen hinnehmen, sagte Selenskij. Stromabschaltungen wurden auch aus der südukrainischen Hafenstadt Odessa gemeldet.

2.000 Raketen seit Kriegsbeginn abgeschossen

Die ukrainische Luftabwehr schoss in den mehr als zwei Jahren eigenen Angaben zufolge 2.000 russische Marschflugkörper oder Raketen ab. „Das ist das Ergebnis der gigantischen Arbeit der ukrainischen Verteidiger des Luftraums“, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew am Montag auf der Plattform X (vormals Twitter) mit. Durch die von den Partnern der Ukraine bereitgestellten modernen Flugabwehrsysteme seien Tausende von Menschenleben gerettet worden.

Das Ministerium machte jedoch keine Angaben, wie viele Raketen und Marschflugkörper nicht von der Flugabwehr abgefangen wurden. Auch die Abwehr von Drohnen wurde von dieser Statistik nicht erfasst. Das Ministerium schloss sich der bereits mehrfach von Präsident Selenskyj geäußerten Bitte um weitere Flugabwehrsysteme an, um die Bevölkerung der Ukraine noch besser zu schützen. „Denn die zivile Infrastruktur bleibt das Hauptziel russischer Angriffe“, hieß es.(APA/dpa/Reuters)

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