Statistik

„Achten Sie auf Ihre Bankomatkarte!“ – Welche Delikte auf dem Vormarsch sind

Kaum jemand will noch eine Bank überfallen, die Kriminalität verlagert sich in vielen Belangen ins Netz.
Kaum jemand will noch eine Bank überfallen, die Kriminalität verlagert sich in vielen Belangen ins Netz.APA / Florian Wieser
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Die jährliche Anzeigenstatistik der Polizei ist da. Worauf Sie achten müssen, welche Delikte zu- und abgenommen haben, und was die Statistik nicht beantworten kann.

Gleich einmal vorweg: Die polizeiliche Anzeigenstatistik wird zwar jährlich von Polizei und Innenministerium präsentiert, sie ist aber nicht eins zu eins mit der Zu- oder Abnahme von Kriminalität gleichzusetzen. Denn die Statistik nimmt etwa auf eine erhöhte Anzeigenbereitschaft oder gestiegene Bevölkerung keine Rücksicht. Auch spiegelt die Statistik nicht wider, wie viele Anzeigen tatsächlich zu Verurteilungen geführt haben. Nichtdestotrotz gibt sie einen guten Eindruck über die Entwicklung der kriminellen Energie im Land. Zehn Erkenntnisse aus dem aktuellen Bericht.

1. Die Anzeigen sind gestiegen

Im Vorjahr hat es um acht Prozent mehr Anzeigen gegeben als im Jahr 2022. Insgesamt wurden damit rund eine halbe Million Anzeigen (528.000) getätigt. Gleichzeitig ist auch die Zahl der geklärten Fälle um rund acht Prozent gestiegen. Damit konnten auch um zehn Prozent mehr Tatverdächtige ausgeforscht werden.

2. Der typische Tatverdächtige ist männlich und österreichischer Staatsbürger

Bei den Tatverdächtigen handelt es sich zu 77 Prozent um Männer. Der Großteil, nämlich 55 Prozent, sind österreichische Staatsbürger, wobei die Statistik nicht auf einen möglichen Migrationshintergrund eingeht. Die anderen 45 Prozent der Tatverdächtigen sind Menschen aus dem Ausland, also nicht österreichische Staatsbürger.

3. Tatverdächtige aus dem Ausland: Slowakei und Rumänien führen

Am häufigsten wurde gegen Rumänen ermittelt (17.990 Verdächtige), gefolgt von Deutschen (14.727) und Serben (11.067). Die Syrer (9156) liegen auf Platz vier, Ungarn auf Platz fünf (9073), Türken auf Platz sechs (8152) und Slowaken auf Platz sieben (7195) Erst dann kommen Afghanen (5923), Bosnier (5047) und Kroaten (4718). Sieht man sich diese Statistik aber in Relation zu der Anzahl der Menschen im Land an, dann liegen die Slowaken auf Platz eins, die Afghanen auf Platz zwei und die Rumänen auf Platz drei.

4. Am häufigsten wird in Keller eingebrochen

Den größten Anteil der Anzeigen macht nach wie vor die Eigentumskriminalität aus, gefolgt von Wirtschaftskriminalität, wobei Erstere seit 20 Jahren tendenziell sinkt. Die häufigsten Anzeigen bei der Eigentumskriminalität (rund 100.000) gab es aufgrund von Diebstahl, gefolgt von Einbruchsdiebstahl. Bei Letzterem gibt es deutlich mehr Einbrüche in Kellerabteile als in Wohnungen.

Denn besonders bei Wohnraumeinbrüchen habe man die Zahlen in den vergangenen Jahren drastisch reduzieren können, so Bundeskriminalamtschef Andreas Holzer bei der Präsentation der Anzeigenstatistik. Er führt das auch auf die gute Präventionsarbeit zurück. Mehr Menschen würden ihre Häuser und Wohnungen mit besseren Fenstern, Türen und auch Alarmanlagen sichern.

5. Neuer Trend: Die Bankomatkarte wird gerne gestohlen

Ganz deutlich zugenommen haben auch die Diebstähle von Bankomatkarten, etwa durch heimliches Kopieren des NFC-Chips. Innenminister Gerhard Karner riet bei der Präsentation der Statistik daher zu mehr Vorsicht: „Das ist der dringende Appell an die Bevölkerung, auf ihre Karten mehr Acht zu geben.“

6. Reisende Tätergruppen sind wieder zurück

Apropos Diebstahl: Die größte Steigerung beim Delikt Diebstahl betrifft den Ladendiebstahl: Reisende Tätergruppen seien nach der Pandemie (wieder viel professioneller) zurückgekehrt, erklärt Bundeskriminalamtschef Holzer. Bis zu 70 Delikte am Tag verzeichnet man bei der Polizei. Da die Gruppen an mehreren Orten innerhalb kurzer Zeit zuschlagen und dann wieder das Land verlassen, sei es aber schwerer, ihrer habhaft zu werden.

7. Kaum jemand will noch eine Bank überfallen

Im Jahr 2023 wurden gerade einmal neun Banküberfälle durchgeführt. „Vor zehn Jahren gab es noch 80 Überfälle pro Jahr“, so der Innenminister. Kein Wunder: Geld wird lieber online gestohlen.

8. Gefährliche Drohung: Auch die Gewalt wandert ins Netz

Die Cyberkriminalität ist auch 2023 wieder gestiegen. Etwa 12,5 Prozent aller Delikte geschehen mittlerweile im Internet, wobei der Cyberbetrug um rund 23,3 Prozent gestiegen ist und die Cybererpressung um rund 13,6 Prozent. Generell stellt die Polizei auch bei der (ebenfalls gestiegenen) Gewaltkriminalität eine Verlagerung ins Netz fest. „Delikte, die früher physisch begangen worden sind, finden jetzt online statt, wie gefährliche Drohungen oder Erpressungen“, so Holzer. Ein Fakt am Rande: Im Jahre 2023 wurden alle Morde in Wien aufgeklärt.

9. Die Jugendkriminalität ist im Vergleich zum Vorjahr ungefähr gleich geblieben

Auf annähernd gleichem Niveau sind laut Statistik die Anzeigen im Bereich der Jugendkriminalität. Die Polizei verzeichnete insgesamt eine leichte Abnahme um 0,8 Prozent auf 44.052 Anzeigen gegen Personen, die unter 18 Jahre alt sind. Allerdings stiegen die Anzeigen gegen Strafunmündige, also unter 14-Jährige, um 1,7 Prozent im Vergleich zu 2022 und noch deutlicher im Vergleich zum Jahr 2019. Experten verweisen in diesem Zusammenhang jedoch auch auf eine Veränderung bei der Zählweise. Übrigens verlagert sich auch bei Jugendlichen die Kriminalität ins Netz, wie der Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, betonte. Die Anzeigen wegen Sachbeschädigung sanken etwa deutlich, gleichzeitig stiegen die Anzeigen wegen Nacktaufnahmen. Bei den Tatverdächtigen machten die unter 18-Jährigen mit 13,4 Prozent die kleinste Tätergruppe aus.

10. Die Schlepperei wird weniger

Inneminister Karner vermeldet bei der Schlepper-Kriminalität einen Rückgang um fast 50 Prozent. Schlepper würden derzeit, laut Minister, „einen Bogen um Österreich“ machen.

Ausblick: Der Wert von IT-Technikern und Präventionsarbeit

Insgesamt lag die Aufklärungsquote bei rund 52,3 Prozent. „Mehr als jeder zweite Fall wurde aufgeklärt“, so Franz Ruf bei der Präsentation. Innenminister Karner will auf Basis der Zahlen nun einen fünf Punkte-Plan umsetzen. So soll das Problem Cybercrime etwa mit 38 neuen Kriminalassistenzdienstellen in Österreich und mehr als 700 zusätzlichen Arbeitsplätzen in Angriff genommen werden. Heuer habe man bei der Polizei etwa vor, über 2600 neue Polizisten in der Generaldirektion für Öffentliche Sicherheit aufzunehmen, so Franz Ruf zur „Presse“, wobei etwa 1400 in Pension gehen werden. In Hinblick auf Cybercrime setzt man auch auf externe IT-Spezialisten. So gibt es mittlerweile Sonderverträge für IT-Techniker, damit diese entsprechend bezahlt werden können.

Bei der Einbruchskriminalität und Ausländerkriminalität soll es laut Innenminister Karner mehr Schwerpunkteinsätze geben. Ebenso wolle man auf Schlepper den Druck hochhalten. Die Bekämpfung Jugendkriminalität sei mit der neuen Einsatzgruppe und Diskussionen über Strafmündigkeit und Waffenverbote am Laufen. Bis Mitte April sollen konkrete Vorschläge der Einsatzgruppe vorgelegt werden. Wichtig sei auch die Präventionsarbeit, so BK-Chef Holzer. So wisse man aus Forschungsgesprächen, dass Präventionsarbeit, etwa Aufklärungsarbeit der Polizei in Schulen, dazu beitragen kann, dass Jugendliche nicht straffällig werden.

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