UNO

Saudis zu neuen Hütern der Frauenrechte gewählt

Frauen vorigen August vor einem Kino in Riad, auf dem Programm steht der Film „Barbie“.
Frauen vorigen August vor einem Kino in Riad, auf dem Programm steht der Film „Barbie“.Reuters / Ahmed Yosri
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Die streng islamische arabische Monarchie leitet für ein Jahr die UN-Kommission zur Förderung von Frauenrechten. Frauen sind in Saudiarabien traditionell beschränkt rechtsfähig. Immerhin dürfen sie seit 2018 Auto fahren. Widerspruch aus Europa gab es bei der Wahl offenbar nicht.

New York/Riad/Bern/Wien. Just das islamisch-konservative Königreich Saudiarabien hat künftig den Vorsitz in der UN-Kommission zur Förderung von Frauen inne. Die 45 Mitgliedsländer der „Kommission der Vereinten Nationen zur Rechtsstellung der Frau“ (CSW) bestimmten den saudischen Botschafter, Abdulaziz Alwasil, am Mittwoch (Ortszeit) in New York per Akklamation zum Vorsitzenden der nächsten Sitzungsperiode. Das Mandat dauert ein Jahr.

Kritik an der Entscheidung kam aus der Politik und von Menschenrechtsorganisationen. Amnesty International zeigte sich am Donnerstag schockiert. Saudiarabien (ca. 32 Millionen Einwohner), eine absolute Monarchie, in der das Königshaus mit einer ultrakonservativen Islam-Auslegung herrscht, steht im Bericht der Stiftung Weltwirtschaftsforum (WEF) 2023 über die Gleichstellung der Geschlechter auf Platz 132 von 146 Ländern. Frauen sind traditionell Bürger zweiter Klasse und vielfach nur beschränkt rechtlich handlungsfähig bis entrechtet, wenngleich sich in den vergangenen Jahren die Lage merklich verbessert hat. Seit 2018 dürfen sie etwa zumindest alleine Auto fahren.

„Unfassbare Verhöhnung der Frauen“

In Österreich meldete sich zunächst für die SPÖ deren außenpolitische Sprecherin, Petra Bayr, kritisch zu Wort: Die Kür der Saudis sei „eine unfassbare Verhöhnung dieses Gremiums und der vielen Frauen in Saudiarabien, die inhaftiert werden, allein schon, weil sie für Frauenrechte kämpfen“. Bayr fordert, dass die Bundesregierung Protest einlegt: „Schweigen ist Zustimmung zu den Menschenrechtsverstößen gegen Frauen in Saudi-Arabien.“ Es sei „absurd, gerade einem Vertreter dieses Frauen-Unterdrückungsstaates den Vorsitz in diesem wichtigsten UNO-Gremium zum Thema Gleichberechtigung zu überlassen“.

Empörung kommt auch aus der Schweiz: „Für uns ist dies ein Schock, wenn auch keine Überraschung“, sagte Natalie Wenger von Amnesty Schweiz. Riad betreibe mit viel Geld eine Imagekampagne, um sich als modernes Land zu präsentieren. „Das sind aber Gesten, die keine Substanz haben.“ Man habe in einem Bericht gerade den Fall einer Mutter erwähnt, die während ihrer Doktorarbeit medial auf der Internet-Plattform X für Frauenrechte eingetreten ist und deshalb 27 Jahre Haft ausgefasst habe. „Deshalb sehen wir diesen Vorsitz als tragisch an“, sagt Wenger.

Bei der Sitzung der Kommission hatte der bisherige Vorsitzende, ein Philippiner, den Saudi als einzigen Kandidaten vorgestellt. „Darf ich davon ausgehen, dass die Kommission seine Exzellenz Abdulaziz Alwasil per Akklamation zum Vorsitzenden der Kommission auf ihrer 69. Sitzung wählen möchte?“, fragte er die Vertreter der 45 Mitgliedsländer. „Ich höre keine Einwände. Also ist es so beschlossen.“ Der Beschluss wurde mit kurzem Beifall bedacht.

Es kam auch aus der Gruppe „Westeuropa und andere Staaten“ kein Widerspruch. Diese ist dort zurzeit mit Österreich, Liechtenstein, den Niederlanden, Portugal, Spanien, der Schweiz, Israel und der Türkei vertreten. Eine Reaktion aus dem Außenministerium in Wien gab es vorerst nicht.

Dass die Saudis heuer den CSW-Vorsitz erhalten werden, war offenbar bereits 2022 absehbar gewesen. Die Ent­rüstung in politischen Kreisen und bei NGOs war damals Berichten zufolge schon erheblich. Genützt hat es nichts. (APA/red.)

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