Leitartikel

Für billige Slogans ist das Migrationsthema zu wichtig

Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl.
Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) und FPÖ-Chef Herbert Kickl.APA, Robert Jäger
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Die unkontrollierte Migration prägt den Wahlkampf zu Recht. Doch der Wettbewerb der härtesten Ansagen macht die Lage auch nicht besser.  

Gleich vorweg: Susanne Raab hat schon recht. Jedenfalls damit, dass sich ein Staat überlegen muss, wie man damit umgeht, wenn Ärztinnen und Lehrerinnen nicht akzeptiert werden. Wenn Mädchen die Teilnahme am Schwimm­unterricht versagt wird. Anders ausgedrückt: Wenn patriarchale Strukturen oder, wie man zuletzt wieder gesehen hat, Antisemitismus aus kulturell ganz anders gestrickten Ländern importiert werden. Es ist auch nicht unredlich, dass sich Politiker im Wahlkampf Gedanken darüber machen, wie man sich kulturell definiert. Warum genau wir jetzt eine „Leitkultur“ über geltende Gesetze hinaus brauchen, wie sie aussieht und vom Staat angewendet wird, hat man beim Auftakt der von Raab geleiteten Erarbeitung einer solchen zwar nicht erfahren, aber immerhin kam die Integrationsministerin ohne Wahlkampfkrawall und große Verallgemeinerungen aus. Obwohl sie keinerlei Zweifel daran ließ, dass die Leitkultur-Frage für sie grosso modo ein Migrationsthema ist.

Bloß steht das ganze Vorhaben unter keinem guten Stern, zumindest lassen dies die dieswöchigen Begleitmaßnahmen des Leitkultur-Vorhabens vermuten. Am Montag legte ÖVP-Manager Christian Stocker mit einem Satz vor, der exemplarisch für die zeitgenössische Migrationsdebatte ist – beinhart im Ton, de jure aber völlig nichtssagend: „Wer unsere Lebensweise ablehnt, muss nicht bei uns bleiben; es steht ihm frei zu gehen.“ Allerhand!

Tags darauf wurde die Partei dann doch konkreter: „Wir bleiben dabei“, schrieb die ÖVP auf Twitter, „wer unsere Lebensweise ablehnt und sich weigert, sich anzupassen, muss gehen“. Als Beispiel wurde angeführt, dass man „gehen“ müsse, wenn man „einer Frau nicht die Hand gibt, weil sie unrein ist“. Das ist in puncto Zuspitzung schon eine ganz andere Liga – und strategisch jedenfalls erklärbar durch das von der ÖVP so stark forcierte „Kanzlerduell“ mit der in allen Umfragen führenden FPÖ Herbert Kickls.

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