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FPÖ-Chatprotokolle über den ORF: „Thür verhindern“, Gabalier spielen

Martin Thür 2019 bei seinem ersten „ZiB 2“-Interview - mit dem damaligen FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer.
Martin Thür 2019 bei seinem ersten „ZiB 2“-Interview - mit dem damaligen FPÖ-Verkehrsminister Norbert Hofer.
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Die FPÖ hatte offensichtlich 2019 viele Ideen für den ORF. Besonders dazu, welche Personen man in höheren Positionen sehen wollte – und wer verhindert werden sollte.

Welche Vorstellungen hatten die Freiheitlichen für den ORF, als sie noch in der Regierung waren? Das zeigt sich recht anschaulich durch bisher unveröffentlichte Chats, aus denen das „Profil“ zitiert. Man liest darin, wie hochrangige FPÖ-Politiker Einzelne in ihr Freund-Feind-Schema einteilten. Und je nachdem fördern oder verhindert wollten. Meinungen wurden in der Gruppe unter anderem zwischen dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache, dem EU-Abgeordneten Harald Vilimsky und dem damaligen ORF-Stiftungsratsvorsitzenden Norbert Steger ausgetauscht.

So fragte Vilimsky dem „Profil“ zufolge etwa im Februa 2019, wo denn die Leute für das neue Management seien. Er nennt Personen, die man „hochgehievt“ habe oder denen man eine Sendungsleitung gegeben habe. Trotzdem sei die Situation für die Partei schlimmer denn je, auch in der „ZiB 2“. Man müsse nun „endlich auf den Tisch hauen“, zitiert das „Profil“ aus einer Nachricht von Vilimsky.

Der zentrale Punkt dafür: Man müsse Alexander Wrabetz (zu der Zeit ORF-Chef) entfernen und die Gebühren abschaffen. Dann werde sich zwar auch nicht viel ändern, aber es gebe „Genugtuung“ und Leute müssten für „diese unfassbare Propaganda“ wenigstens nichts mehr zahlen.

„Freund ist der nicht“

Mehrfach kommt auch „ZiB 2“-Moderator Martin Thür in den Nachrichten vor. Bereits im Mai 2018 plädierte laut Chats der damalige ORF-Stiftungsrat Norbert Steger dafür, ihn als Moderator der wichtigen Nachrichtensendung zu verhindern, denn „Freund ist der nicht“. 2019 schreibt Vilimsky über Thür, er würde „uns zudem auf Twitter verarschen“.

Es ist nicht wirklich neu, dass die FPÖ einen Umbau des ORF anstrebte. Und bei Journalisten, Sendungen und Beiträgen eindeutige Meinungen hatte. So führten bereits bekannte Chats etwa zum Rücktritt des früheren TV-News-Chefredakteurs Matthias Schrom. Der kommt in Chats der FPÖ als „unser“ Chefredakteur vor.

Auch der „Standard“ berichtet aus den Chats und von den Personen, die der Untersuchungsausschuss über „rot-blauen Machtmissbrauch“ zutage gefördert habe. Und manche Personen im ORF, die Strache als Freund oder Feind wahrnahm. Darüber, dass Kathrin Zierhut als ORF-Personalchefin gefeiert wurde (sie war langjähriges FPÖ-Parteimitglied). Und darüber, dass Straches Fitnesstrainer Philipp Jelinek (bekannt dann durch „Fit mit Philipp“) um Support als Moderator bat und dafür versuchte, über ORF-Interna zu informieren. Auch der damalige ORF-Manager Thomas Prantner (nunmehr Unternehmensberater) kommt ausführlich vor. Er schickte offenbar Belege für prominent platzierte Berichte über die FPÖ auf ORF.at und in der TVthek. Und schrieb Strache, er könne sich auf ihn verlassen.

Ein musikalisches Thema findet sich übrigens auch in den neuen Nachrichten: Der damalige FPÖ-Chef Strache ärgerte sich 2018 sehr darüber, dass Schlagersänger Andreas Gabalier auf Ö3 nicht gespielt wurde. In die Gruppe schrieb er deshalb, man solle bitte dahinter sein, dass dieser dort endlich zu hören sei. Und es Berichte über seine großen Konzerten gebe - im Sinne des öffentlich-rechtlichen Bildungs- und Kulturauftrages.

Reaktionen vom ORF

Die Reaktion des ORF auf die Berichte von „Profil“ und „Standard“: Aus den nun veröffentlichten, sechs Jahre alten Chats geht hervor, dass darin primär über ORF-Mitarbeiter:innen gesprochen wird und nicht mit ihnen. Einmal mehr zeigt sich, dass politische Wünsche, die in den Chats geäußert werden, vom ORF nicht erfüllt wurden. Weder solche der Politik noch von einzelnen Mitarbeitern.

Vom ORF-Reddaktionsrat heißt es: „Die Chats zeigen ein trauriges Sittenbild, wie wenig politische Parteien - allen voran die FPÖ - von unabhängigem Journalismus halten. Der ORF soll von Leuten, die der Partei genehm sind, geführt werden - oder aber zusammengestutzt. Das war in Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung so und das ist auch heute noch so, wie zahlreiche öffentliche Stellungnahmen der FPÖ in letzter Zeit belegen. Wer unabhängigen Journalismus ruiniert, schadet der Demokratie. Einmal mehr zeigt sich, dass öffentliche Forderungen der Politik - etwa das Ende der Parteipolitik im ORF - nichts damit zu tun haben, was dann tatsächlich im Geheimen vorangetrieben wird. Nämlich eigene Parteiinteressen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durchzusetzen. Bedauerlich ist, dass es immer wieder Leute gibt, die sich bei Parteien anbiedern und sich dadurch eine Karriere im ORF erhoffen.“ (rovi)

Zum Bericht des „Profil“
Zum Bericht des „Standard“

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