Die Ich-Pleite

Gibt es nur noch Silver-Surfer auf Facebook?

Carolina Frank
  • Drucken
  • Kommentieren

Wenn die jungen Leute nicht mehr ununterbrochen posten und teilen, was machen sie dann?

Die Jungen haben es auch nicht immer leicht. Kaum entdecken sie etwas Neues, machen es ihnen ihre Eltern schon nach. Das ist ihnen mit den Sneakers so gegangen, mit den Rollern, den Coffeeshops und den Social Media. Kein Wunder, dass so viele von ihnen Facebook verlassen haben. Man will ja nicht, dass die eigene Mama das Posting mit dem bauchfreien Top kommentiert oder einem die Mathelehrerin eine Freundschaftsanfrage schickt. Übrig bleiben die älteren Semester, die auf Facebook nach verschollenen Jugendfreunden fahnden. Die Menschen sollen einer US-Studie zufolge überhaupt nicht mehr so interessiert an Social Media sein. Nur mehr 18 Prozent der User geben an, dass ihr Leben ohne Facebook, Instagram und Co. leer und sinnlos wäre. 2020 waren es noch 40 Prozent. Der „Economist“ unkt schon, Social Media seien bald vorbei. Und sicher raufen sich die Tech-Konzern-Chefs schon die Haare.

Solang die Leute ihr Smartphone überall dabeihaben, weiß man wenigstens noch, wo sie was einkaufen, mit wem sie sich treffen und wie es ihnen gesundheitlich geht. Die Werbekunden können sich also noch darauf verlassen, dass man ihnen die passenden Shoppingtipps hinterherschickt. Aber die beunruhigende Frage bleibt: Wenn die jungen Leute nicht mehr ununterbrochen posten und teilen, was machen sie dann? Lesen, behaupten Studien. Gut, es ist nicht immer Balzac. Aber das ist einem als Tech-Konzern wahrscheinlich egal. Entscheidend ist: Wer ein Buch liest, kann nicht gleichzeitig ­Cookies verstreuen. Momentan können sich die Tech-Konzerne ja noch über einen Zuwachs an Silver-Surfern freuen. Aber was, wenn die Älteren auch das den Jungen nachmachen und wieder lieber lesen als posten? Dann schaut man wirklich alt aus.

 (Die Presse Schaufenster, 29.3.2023)

>> Mehr Kolumnen auf diepresse.com/ichpleite

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.