Gastkommentar

Der Medien-Tycoon und seine vielen Frauen

(c) Peter Kufner
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Rupert Murdoch hat sich schon wieder verlobt. Dieses Mal ist die Auserwählte die Exfrau eines russischen Oligarchen.

Russland ist immer wieder für weltweite Schlagzeilen gut – und der zu Ende gegangene Monat März bildete da keine Ausnahme. Zuerst trauerten Zehntausende Russen um den Oppositionsführer Alexej Nawalny, der in einer Strafkolonie in der Arktis ums Leben gekommen war.

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Dann stimmten viele Russen bei den jüngsten Präsidentschaftswahlen in einem koordinierten Protest gegen Wladimir Putin, so dass niemand die unvermeidliche Erklärung des Kreml, Putin habe seine fünfte sechsjährige Amtszeit mit einem Erdrutschsieg gewonnen, für die Wahrheit halten konnte. Schließlich wurden bei einem schrecklichen Terroranschlag auf eine Konzerthalle außerhalb Moskaus, der dem IS-Ableger ISPK („Islamischer Staat – Provinz Khorasan“) zugeschrieben wird, 143 Menschen getötet und mehr als 300 verletzt. Hätte es nicht so viele Tragödien gegeben, hätte eine andere Geschichte aus Russland vielleicht viel mehr weltweite Aufmerksamkeit erregt.

Der 93-jährige, aus Australien stammende Medienmogul Rupert Murdoch, dem Fox News, die „New York Post“ und das „Wall Street Journal“ in den USA sowie die „Times“ in Großbritannien gehören, hat sich mit der 25 Jahre jüngeren, in der ehemaligen Sowjetunion geborenen Molekularbiologin Elena Zhukova verlobt.

Trennung per E-Mail

Murdoch lernte seine zukünftige Frau offenbar durch eine seiner vier Vorgängerinnen kennen, seine dritte Frau Wendi Deng, die mit Zhukovas Tochter, Dascha, befreundet ist. Deng wurde in China geboren, was einen Journalisten der „New York Times“ zu der Bemerkung veranlasste: „Der Tycoon wechselt gerade von einer Frau, die in einer autoritären Gesellschaft geboren wurde, zur nächsten.“ Damit deutete er an, dass Murdoch zu einer Sorte Menschen gehören könnte, „die glaubt, dass alle nur Geld verdienen (und miteinander schlafen) sollten und sich nicht um Dinge wie Demokratie oder Gleichberechtigung kümmern“.

Natürlich wurden nicht alle Ehefrauen Murdochs in autoritären Staaten geboren. Murdochs vierte Ehefrau war das amerikanische Fotomodell und Schauspielerin Jerry Hall. Er beendete diese sechsjährige Ehe im Juni 2022 per E-Mail und machte im März 2023 einer anderen Amerikanerin einen Heiratsantrag, der konservativen Radiomoderatorin Ann Lesley Smith, die, wie er betonte, seine letzte Ehefrau sein sollte.

Knapp drei Wochen später wurde die Verlobung jedoch wieder gelöst, offenbar weil Murdoch die evangelikalen Ansichten von Smith nicht akzeptieren konnte. So sehr Murdoch davon profitiert, dass die Moderatoren von Fox News über christliche Werte schwadronieren, so wenig lebt er selbst nach religiösen oder überhaupt nach irgendwelchen Werten. Stattdessen scheint er sich für einen Frauenhelden zu halten, der noch im hohen Alter Frauen wie Gebrauchtwagen austauschen kann.

Neuer Stoff für „Succession“

Aber vielleicht wird seine Ehe mit Zhukova anders verlaufen. Auf jeden Fall könnte sie dazu beitragen, den unersättlichen Appetit des Publikums auf skandalöse Details aus Murdochs Leben, das den US-Fernsehsender HBO zu seiner Erfolgsserie „Succession“ über einen Medienmagnaten und seine emotional verkrüppelte und hinterhältige Brut inspiriert hat, weiter anzuheizen. 

Wer wird also die nächste Mrs. Murdoch? Als Mitglied der sowjetischen Intelligenzija arbeitete Zhukova am Staatlichen Institut für Hämatologie und Bluttransfusion und setzte nach dem Zusammenbruch der UdSSR ihre molekularbiologische Forschung in Kalifornien fort.

»Auf jeden Fall könnte die Ehe mit Elena Zhukova den unersättlichen Appetit des Publikums auf skandalöse Details aus Murdochs Leben weiter anheizen. «

Wie viele Frauen, die damals aus der ehemaligen Sowjetunion in die USA kamen, hoffte Elena Zhukova vielleicht auf das „Pretty Woman“-Glück – auf einen wohlhabenden Mann, der ihr den opulenten Lebensstil bieten würde, den die ehemaligen Sowjetbürger mit dem Westen verbanden. Genau das haben die Tschechin Ivana Zelníčková aus Zlin und die Slowenin Melania Knavs aus Novo Mesto in Donald Trump gefunden.

Oligarchen-Glamour

Doch Zhukova ist nicht neu in der Welt der Milliardäre. Ihr erster Ehemann, der russische Geschäftsmann Alexander Zhukov, war eines jener Talente der frühen 1990er-Jahre, die im postsowjetischen „Wilden Osten“ mit allen Mitteln zu Reichtum kamen. Das verlieh ihr einen gewissen russischen Oligarchen-Glamour, auch als sie in zweiter Ehe mit einem ebenfalls immigrierten Biologen verheiratet war.

Zhukova ist auch die ehemalige Schwiegermutter eines anderen russischen Milliardärs und Oligarchen, nämlich von Roman Abramowitsch, der im Westen vor allem durch seine fast zwanzigjährige Tätigkeit als Eigentümer des Londoner Fußballklubs Chelsea bekannt wurde. Als Kreml-Insider diente Abramowitsch oft als inoffizieller Kanal von Machthaber Putin zum Westen, vor allem als Gesandter bei den Friedensgesprächen zwischen Russland und der Ukraine in den Wochen nach der großen Invasion im Februar 2022. Wegen seiner engen Verbindungen zu Putin zwang ihn die britische Regierung in jenem Jahr, den FC Chelsea zu verkaufen.

Trotz des Reichtums ihres Vaters trat Dascha erst während ihrer zehnjährigen Ehe mit Abramowitsch ins Rampenlicht. Da sie mehr sein wollte als nur eine Prominente, arbeitete Dascha daran, sich als Galeristin und Kunstsammlerin zu etablieren und wurde zur treibenden Kraft hinter der Garage, einem schicken Moskauer Kunst- und Galerieprojekt. Ich wurde ihr dort einmal vorgestellt, aber als ich ihr die Hand geben wollte, bot sie mir stattdessen den Ärmel ihres weißen Seidenkleides zum Anfassen an.

Daschas Ehe mit Abramowitsch endete 2017. Sie blieb jedoch nicht lang ohne einen Oligarchen: 2020 heiratete sie Stavros Niarchos, den Enkel eines griechischen Schifffahrtsmagnaten, bei einer Zeremonie in der Schweiz, an der zahlreiche Stars teilnahmen.

Reichtum, Macht, Gloria

Mit der bevorstehenden Hochzeit mit Murdoch wird Daschas Mutter zweifellos ein weiteres Kapitel in der Geschichte ihrer Familie von Reichtum, Macht und Boulevard-Glamour schreiben.

Für Murdoch scheint es passend, dass er als ein führender Verfechter amerikanischer Verschwörungstheorien sich in seinem letzten Lebensjahr mit einer ehemaligen sowjetischen Wissenschaftlerin verlobt, deren Tochter lange Zeit in Putins Umfeld verkehrte. Für die Serie „Succession“ hätte es keinen besseren Abschluss geben können.

Deutsch von Andreas Hubig
Copyright: Project Syndicate, 2024

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Die Autorin

Nina L. Chruschtschowa (geboren 1964) studierte an der Moskauer Staatsuniversität und in Princeton. Sie ist Urenkelin des früheren Sowjetführers Nikita Chruschtschow. Derzeit ist sie Professorin an der New School.

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