„Aktion scharf“

Mit EU-Unterstützung: Illegale Jäger werden gejagt

Seeadler werden häufig vergiftet. Die Täter werden nur in den seltensten Fällen dingfest gemacht. Nun soll sich das ändern.
Seeadler werden häufig vergiftet. Die Täter werden nur in den seltensten Fällen dingfest gemacht. Nun soll sich das ändern.Imago/H. Duty
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Bis 2028 wird eine nicht alltägliche Koalition geschmiedet, um illegalen Jägern das Handwerk zu legen. Es geht um den Schutz von Wildtieren. Eine „Aktion scharf“ ist angesagt.

Das Umfeld ist nicht ganz leicht, in dem ein grenzüberschreitendes Projekt startet, an dem sich Polizeibehörden, Forschungseinrichtungen und Umweltorganisationen beteiligen: Obwohl Wölfe nach wie vor in der EU geschützte Tiere sind, wird deren Abschuss offen diskutiert; da und dort werden auf dem Verordnungsweg Szenarien entworfen, in denen der an sich illegale Abschuss legalisiert wird.

Nun meldet sich eine andere Strömung zu Wort, die den Schutz der Tiere ernster nimmt und der illegalen Jagd konsequent das Handwerk legen will: Es geht um die „illegale Verfolgung“ geschützter Tiere, die vergleichsweise häufig vorkommt, die Ermittlungsbehörden allerdings in den meisten Fällen vor Rätsel stellt. Das führt letztlich dazu, dass es ein Ausnahmefall ist, wenn die Täter ermittelt werden.

Vor diesem Hintergrund haben sich mehrere Behörden, Forschungsstätten und Umweltorganisationen zusammengetan, um der illegalen Jagd den Kampf anzusagen. Konkret besteht die strategische Allianz aus dem österreichischen Bundeskriminalamt, den Polizeipräsidien Oberpfalz und Niederbayern, dem Leibniz-.Institut für Zoo- und Wildtierforschung, der Veterinärmedizinischen Universität Wien, dem Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr in Nordrhein-Westfalen, World Wide Fund for Nature (WWF), Birdlife, Ökobüro, dem Verein Luchs Bayern und schließlich aus dem Komitee gegen den Vogelmord.

Der Anlass: Vorsichtigen Schätzungen zufolge dürften in Deutschland 130 Luchse leben. Von ihnen sind allein im bayerisch-böhmischen Raum 13 verschwunden. In den vergangenen 24 Jahren sind mindestens 83 Wölfe illegal getötet worden, allein in Österreich werden zumindest 200 illegal getötete Wildvögel gemeldet (seit 2017). In Deutschland sind von 2005 bis 2021 nicht weniger als 2238 Greifvögel tot aufgefunden worden, 30 verschiedene Gifte konnten nachgewiesen werden, mit denen die Greifvögel zur Strecke gebracht worden sind. Auch Biber, Wisente und Fischotter werden illegal bejagt und erlegt.

Immer seltener: „Schießen, schaufeln, schweigen“

Hier soll nun gegengesteuert werden – die Ermittler wollen einander bei der Verbesserung der Untersuchungskette unter die Arme greifen, Wissenschaftler und Umweltorganisationen bringen ihr Know-how ein. Das Projekt, das aus Mitteln des Life-Projekts der EU gefördert wird, ist vorerst bis 2028 geplant und soll jedenfalls dazu beitragen, dass eine breite Informationsdatenbank aufgebaut wird.

Das primäre Ziel ist die Jagd nach den illegalen Jägern und gleichzeitig, das diesbezügliche Bewusstsein in der breiten Bevölkerung zu schärfen – ebenso wie bei Jägern, Förstern und auch Fischern.

Christine Wolf-Petre, Wildtier-Expertin des WWF Österreich und eine der Koordinatorinnen des Projekts: „Die Zusammenarbeit ist eine Intensivierung und Fokussierung dessen, was es bereits jahrelang gibt“, berichtet sie. So seien Umweltschützer seit Jahr und Tag in den Bundesländern unterwegs, um auf das Problem hinzuweisen. Partiell sieht man Erfolge: Es gebe zwar nach wie vor „Länder, die nicht so gern mit uns zusammenarbeiten“, so Wolf-Petre, aber auch solche, die klarmachten, dass es eine Nulltoleranz gibt, wenn es um das illegale Töten geschützter Tiere gehe. Die Zahl der Fälle, die gemeldet werden, steige jedenfalls. „Und es ist heute seltener so, dass Fälle verschleppt werden.“

Die besondere Bedeutung der Artenvielfalt und der sich daraus ableitenden notwendigen Schutzmaßnahmen für gefährdete Tiere kommt stärker in der breiten Öffentlichkeit an – ebenso wie der Zusammenhang und die Wechselwirkung zwischen größerer Biodiversität und Klimakrise.

Allerdings beschäftigt lediglich die Minderzahl derartiger Delikte die Staatsanwaltschaften. In Deutschland gibt es im Zusammenhang mit der Tötung von Greifvögeln keine einzige strafrechtliche Verurteilung. Insgesamt glaubt Wolf-Petre, Anzeichen zu erkennen, dass sich etwas bewegt: „Bei den Jägern besteht dieser Zugang ,Schießen, schaufeln, schweigen’ immer weniger. Es kommt öfter vor, dass sich Jäger bei uns melden und wertvolle Hinweise geben.“

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