Migration

Wie realistisch ist der Asylpakt der EU?

Die EU will die illegale Migration drastisch eindämmen.
Die EU will die illegale Migration drastisch eindämmen. Reuters / Yara Nardi
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Das seit Jahren erwartete Asyl- und Migrationspaket hat seine letzte Hürde genommen und harrt nun einer Umsetzung.

Als „historischen Durchbruch“ bezeichnete Parlamentspräsidentin Roberta Metsola das gestrige, positive Abstimmungsergebnis zum Asyl- und Migrationspakt in ihrem Abgeordnetenhaus. Das mehrere hundert Seiten starke Gesetzespaket ist nun in der Theorie bereit zur Umsetzung – doch wie realistisch sind die Vorhaben zur drastischen Eindämmung der illegalen Migration eigentlich?

Jenseits der politischen Grabenkämpfe – Parteien am linken wie rechten politischen Rand lehnen den Pakt aus ideologischen Gründen ohnehin ab – sind Experten wie Migrationsforscherin Judith Kohlenberger sehr skeptisch. „Das Abkommen ist nicht zukunftsweisend. Es setzt zu spät an und behandelt nicht die Ursachen der Migration“, sagte Kohlenberger am Mittwochabend in der „ZIB 2“ – und spielte damit auf die geplanten Grenzverfahren für Menschen an, die in Europa kaum Aussicht auf ein Bleiberecht haben. Die Migranten sollen für die Dauer des Asylverfahrens unter haftähnlichen Bedingungen in Lagern an den Grenzen untergebracht werden, und zwar für eine Dauer von maximal zwölf Wochen. Was aber passiert dann mit ihnen?

Die EU hat sich einerseits vorgenommen, Rückführungen für abgelehnte Asylwerber schneller und effizienter durchzuführen, andererseits jene Menschen, die ein Bleiberecht haben, nach einem Schlüssel auf die Mitgliedstaaten zu verteilen. Beide Vorhaben sind aus heutiger Sicht jedoch schwer umsetzbar. „Wie will die EU Rückführungen forcieren, wenn sie mit den betreffenden Herkunftsländern nicht gesprochen hat?“, gibt Kohlenberger zu bedenken. Die Aushandlung von Rückübernahmeabkommen mit Ländern im nordafrikanischen Raum gestaltet sich auch wegen der vielerorts politisch instabilen Lage schwierig und ist ein langer, stetiger Prozess.

Polen leistet Widerstand

Kaum einfacher dürfte die geplante Verteilung tatsächlich Schutzbedürftiger auf die Mitgliedstaaten ablaufen. Neben Österreich, das in den letzten Jahren zu jenen Ländern gehörte, deren Asylantragszahlen gemessen an der Bevölkerungsgröße im EU-Vergleich besonders hoch waren, will auch Polen keine „Zuweisung von Einwanderern“ akzeptieren, wie Ministerpräsident Donald Tusk ankündigte. „Wir werden Wege finden, Polen vor dem Umsiedlungsmechanismus zu schützen, selbst wenn der Migrationspakt in nahezu unveränderter Form in Kraft tritt“, sagte er vor Reportern. Auch Ungarn hat bereits Widerstand angekündigt. Die Aufnahme Schutzbedürftiger soll zwar ohnehin nicht verpflichtend sein – die EU-Partnerländer können auch mit Geldzahlungen Hilfe leisten. Die Frage, wo asylberechtigte Flüchtlinge langfristig unterkommen sollen, bleibt damit aber unbeantwortet.

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