Nahost

„Beispiellose Eskalation“: Weltweit Kritik an Iran nach Angriff auf Israel

Raketenabwehr über Tel Aviv
Raketenabwehr über Tel AvivImago / Tomer Neuberg/jini
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US-Präsident Joe Biden sicherte Israel die Unterstützung seines Landes zu. Der UNO-Sicherheitsrat tritt zu einer Sondersitzung zusammen.

Der iranische Angriff auf Israel in der Nacht auf Sonntag hat international Empörung und Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage im Nahen Osten ausgelöst. US-Präsident Joe Biden sicherte Israel die Unterstützung der USA zu. Der UNO-Sicherheitsrat plant eine Sondersitzung. Scharfe Kritik am Iran übten unter anderem UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, die EU sowie Bundeskanzler Karl Nehammer und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP).

Nach dem Angriff des Irans auf Israel plant der UNO-Sicherheitsrat eine Sondersitzung. Per Brief an die maltesische UNO-Botschafterin Vanessa Frazier, deren Land derzeit dem Gremium vorsitzt, habe er um ein entsprechendes Treffen des Sicherheitsrats gebeten, teilte Israels UNO-Botschafter Gilad Erdan über die Online-Plattform X, vormals Twitter, mit. Aus Diplomatenkreisen hieß es, dass Treffen in New York könne noch am Sonntag stattfinden, wahrscheinlich um 22.00 Uhr MESZ.

„Unser Engagement für die Sicherheit Israels gegen die Bedrohungen durch den Iran und seine Stellvertreter ist unumstößlich“, schrieb US-Präsident Biden in einem Beitrag auf X am Samstagabend (Ortszeit). Dazu veröffentlichte er ein Foto von einem Treffen mit seinem Krisenstab im Situation Room, dem Einsatzzentrum im Weißen Haus. Auch US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und US-Außenminister Antony Blinken, die an den Beratungen am Samstag teilnehmen, sind darauf zu sehen.

Bundeskanzler Nehammer verurteilte in der Nacht auf Sonntag auf X den iranischen Angriff auf Israel „auf das Allerschärfste“. Österreich stehe an der Seite Israels, so Nehammer: „Wir fordern den Iran auf, jedwede Feindseligkeit sofort zu stoppen.“ Auch Außenminister Schallenberg zeigte sich sehr beunruhigt über die Angriffe des Iran gegen Israel. „Das ist eine neue Eskalationsstufe in einer Situation, die bereits höchst gefährlich ist“, schrieb er am späten Samstagabend auf X. Er forderte den Iran und dessen Verbündeten zudem auf, „nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen“.

Guterres „zutiefst beunruhigt“

UNO-Generalsekretär Guterres sieht nach dem Angriff des Irans auf Israel das Risiko einer katastrophalen Zuspitzung der Lage im Nahen Osten. „Ich bin zutiefst beunruhigt über die sehr reale Gefahr einer verheerenden Eskalation in der gesamten Region. Ich fordere alle Parteien auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben, um Maßnahmen zu vermeiden, die zu größeren militärischen Konfrontationen an mehreren Fronten im Nahen Osten führen könnten“, teilte Guterres am Samstag (Ortszeit) in New York. Er verurteilte den Angriff des Irans „aufs Schärfste“ und forderte eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten.

Saudi-Arabien brachte unterdessen seine tiefe Sorge über die militärischen Eskalationen in der Region und die schwerwiegenden Folgen zum Ausdruck. In einer vom Außenministerium veröffentlichten Erklärung rief das Königreich alle Parteien dazu auf, äußerste Zurückhaltung zu üben und die Region und ihre Bevölkerung vor der Gefahr eines Krieges zu bewahren.

Auch Ägypten zeigte sich mit Blick auf den Angriff gegen sein Nachbarland Israel „extrem besorgt“ und rief zu äußerster Zurückhaltung auf. Der vom Iran angekündigte Angriff sei Zeichen einer „gefährlichen Eskalation“ zwischen den beiden Ländern, teilte das ägyptische Außenministerium am Samstagabend mit. Ägypten habe schon zuvor vor einer Ausweitung des Konflikts infolge von „Israels Krieg im Gazastreifen“ gewarnt. Die Regierung in Kairo sei in ständigem Kontakt mit allen beteiligten Parteien, um die Eskalation zu stoppen. Ägypten hatte 1979 als erstes arabisches Land Frieden mit Israel geschlossen.

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verurteilte den iranischen Angriff auf Israel scharf und sprach von einer „beispiellosen Eskalation“. „Die EU verurteilt den inakzeptablen iranischen Angriff auf Israel auf das Schärfste“, schrieb Borrell in der Nacht auf Sonntag im Onlinedienst X. „Dies ist eine beispiellose Eskalation und eine schwerwiegende Bedrohung für die regionale Sicherheit“, fügte er hinzu. Ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Charles Michel. „Es muss alles getan werden, um eine weitere regionale Eskalation zu verhindern“, schrieb er auf X. „Noch mehr Blutvergießen muss vermieden werden.“ Die EU werde die Situation weiterhin aufmerksam mit ihren Verbündeten verfolgen. Am Dienstag werden die EU-Außenminister zu einem Sondertreffen zusammenkommen und über die aktuelle Lage beraten.

„Iran riskiert einen regionalen Flächenbrand“

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz verurteilte die schweren iranischen Luftangriffe auf israelisches Staatsgebiet „mit aller Schärfe“. Scholz, der sich zur Zeit auf einem dreitägigen China-Besuch befindet, will sich mit den G7-Staaten über eine Reaktion absprechen. „Mit dieser unverantwortlichen und durch nichts zu rechtfertigenden Attacke riskiert Iran einen regionalen Flächenbrand“, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Sonntag früh direkt nach der Ankunft von Scholz in der chinesischen Stadt Chongqing mit. Deutschland stehe eng an der Seite Israels. Außenministerin Annalena Baerbock verurteilte den iranischen Angriff über den Kurznachrichtendienst X ebenfalls „aufs Allerschärfste“. „Iran & seine Proxies müssen diesen sofort einstellen. Israel gilt in diesen Stunden unsere ganze Solidarität“, schrieb sie weiter.

Am Sonntag wollte in Berlin der Krisenstab der deutschen Bundesregierung unter Leitung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Auswärtigen Amt tagen, hieß es am Sonntag aus dem Ministerium. In Österreich tausche sich der im Außenministerium seit Beginn des Gaza-Kriegs eingerichtete Krisenstab laufend aus und evaluiere die Situation.

China zeigte sich nach dem iranischen Angriff auf Israel „zutiefst besorgt“ über die jüngste Eskalation im Nahen Osten. Peking rufe alle betroffenen Seiten auf, Ruhe zu bewahren, um eine weitere Zunahme der Spannungen zu vermeiden, teilte das chinesische Außenministerium am Sonntag weiter mit. Die verschärfte Lage sei der jüngste Ausdruck dessen, dass sich der Gaza-Konflikt ausbreite. China rufe die internationale Gemeinschaft und vor allem einflussreiche Länder auf, sich in konstruktiver Weise für Frieden und Stabilität in der Region einzusetzen.

Frankreichs Außenminister Stephane Sejourne verurteilte den iranischen Angriff ebenfalls. „Mit der Entscheidung zu einer solchen beispiellosen Aktion unternimmt der Iran den nächsten Schritt seiner destabilisierenden Aktionen und geht das Risiko einer militärischen Eskalation ein“, schrieb er auf X.

Putin gibt Westen Mitschuld an Angriffen

Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Iran. Der beispiellose Angriff drohe die Region zu destabilisieren, warnte er auf X .

Russland zeigte sich besorgt wegen der Eskalation im Nahen Osten und gibt dem Westen eine Mitschuld daran. Der Iran berufe sich bei seinem Raketenangriff auf Israel auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UNO-Charta nach der Attacke auf die iranische Botschaft in Damaskus, erklärte das russische Außenministerium in Moskau am Sonntag.

Auch der britische Premierminister Rishi Sunak verurteilte den iranischen Angriff auf Israel „auf das Schärfste“. „Diese Angriffe bergen die Gefahr, die Spannungen zu verschärfen und die Region zu destabilisieren“, sagte Sunak einer Mitteilung vom Samstagabend zufolge. „Der Iran hat wieder einmal gezeigt, dass er vorhat, Chaos in seinem eigenen Hinterhof zu stiften.“ Großbritannien werde sich weiterhin für die Sicherheit Israels und aller regionalen Partner, einschließlich Jordanien und Irak, einsetzen. „Gemeinsam mit unseren Verbündeten arbeiten wir dringend daran, die Lage zu stabilisieren und eine weitere Eskalation zu verhindern. Niemand möchte mehr Blutvergießen sehen“, sagte Sunak.

Argentiniens Präsident Javier Milei brach wegen der iranischen Luftangriffe auf Israel seine Auslandsreise ab. Er fliege aus den USA am Sonntag nach Argentinien zurück und nicht wie ursprünglich geplant nach Dänemark weiter, teilte sein Büro am Samstag (Ortszeit) mit. „In Anbetracht der jüngsten Ereignisse im Nahen Osten mit der iranischen Offensive gegen Israel“ wolle Milei einen Krisenstab bilden und sich mit verschiedenen Präsidenten westlicher Länder in Verbindung setzen, um Maßnahmen zu koordinieren.

Staatsoberhäupter mahnen zur Deeskalation

Auch die Türkei mahnt, eine weitere Eskalation zu verhindern, wie Außenminister Hakan Fidan in einem Telefonat mit dem iranischen Ressortchef sagt. Der iranische Außenminister Hossein Amirabdollahian habe ihm gesagt, dass der Einsatz beendet sei und nicht fortgesetzt würde, sofern Israel nicht zum Gegenschlag ausholen würde, heißt es in türkischen diplomatischen Kreisen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilt die iranischen Angriffe auf Israel und mahnt Bemühungen an, eine weitere Eskalation der Lage im Nahen Osten zu verhindern. „Irans Handlungen gefährden die gesamte Region und die Welt, genauso wie ein größerer Konflikt droht wegen Russlands Handlungen“, schreibt Selenskyj auf der Plattform X. „Die offensichtliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Regimen, Terrorismus zu verbreiten, muss auf eine resolute und geeinte Antwort der Welt treffen.“

Nach den iranischen Luftangriffen erklärte sich Milei mit Israel solidarisch: Argentinien unterstütze Israel nachdrücklich bei der Verteidigung seiner Souveränität - „insbesondere gegen Regime, die den Terror fördern und die Zerstörung der westlichen Zivilisation anstreben“. (APA/dpa)

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