Wien

Hilfe-Ruf der Opposition in Wien

Türkis-grüne Achse: Die Klubchefs Markus Wölbitsch (re.) und David Ellensohn
Türkis-grüne Achse: Die Klubchefs Markus Wölbitsch (re.) und David Ellensohn Imago/Martin Juen
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Mehr Kontrolle und Demokratie statt „Freunderlwirtschaft“: Das verlangen ÖVP und Grüne in einer konzertierten Aktion von der rot-pinken Regierung.

Türkis-grüne Allianz in Wien: Es kommt nicht oft vor, dass sich in der Stadtpolitik die beiden Oppositionsparteien zusammentun (im Bund arbeiten ja ÖVP und Grüne in der Regierung zusammen). Am Dienstag war es wieder so weit.

Im kühlen und windigen Arkadenhof des Wiener Rathauses beklagten sie den kalten Wind, der ihnen von der rot-pinken Regierung entgegen weht. Die Klubchefs Markus Wölbitsch (ÖVP) und David Ellensohn (Grüne) beantragen eine Sondersitzung des Landtags. Der muss binnen 21 Tagen stattfinden. „Mehr Demokratie und Kontrolle statt Freunderlwirtschaft“, lautet der türkis-grüne Slogan. Die Liste der Mängel, die die beiden nebeneinander stehend angeprangert haben, ist lang.

Bad boy Hacker

Gesundheitsstadtrat Peter Hacker führt haushoch, er ist der „bad boy“. Sein Chef, Bürgermeister Michael Ludwig, hingegen findet sich mit den Kolleginnen Ulli Sima und Veronica Kaup-Hasler auf dem letzten Platz, sie sind so etwas wie politische Vorzugsschüler.

Von welcher Liste in diesem Fall die Rede ist? Von der Liste der Stadtregierungsmitglieder, die am längsten für die Beantwortung von formellen schriftlichen Anfragen an sie im Gemeinderat benötigen. Immerhin zwei von drei (genau sind es 67 Prozent) dieser Antworten aus dem Büro Peter Hackers kommen laut einer Auswertung durch die ÖVP zu spät. Zu spät heißt, sie liegen nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit vor. Das sind laut Geschäftsordnung des Wiener Gemeinderats (Paragraph 31, Abs. 3) zwei Monte.

Auf die Spitze getrieben hat es der Gesundheits- und Sozialstadtrat mit einer Anfragebeantwortung vom 21. Februar 2024. Sechs Monate - also drei Mal so lang wie eigentlich festgelegt - musste ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec auf Post von ihm warten.

Mehr noch, die Oppositionsparteien ÖVP und Grüne bemängeln, dass Peter Hacker nicht nur zu spät, sondern oft auch extrem kurz, ausweichend „patzig“ antwortet oder gar nicht. Beispiel: Die ÖVP hat sich erlaubt, nach Gründen für Rückforderungen bei Mindestsicherungszahlungen zu fragen.

„Ersuche um Verständnis...“

Die von Stadtrat Peter Hacker (mit Verspätung) unterzeichnete Antwort: „Da eine detaillierte Aufschlüsselung nach der Ursache für eine Rückforderung einen nicht zu rechtfertigenden Verwaltungsaufwand verursachen würde, ersuche ich um Verständnis, dass davon Abstand genommen werden muss.“

Und weiter, was wie eine Provokation für Abgeordnete gelten mag: „Abschließend darf ich auf den nächsten Jahresbericht zur Wiener Mindestsicherung verweisen, welcher nun auch Zahlen zu den Rückforderungen enthalten wird.“

„Stadtrat Hacker tritt die Demokratie mit Füßen“, wettert Markus Wölbitsch. In Berlin, sagen Markus Wölbitsch und David Ellensohn, gibt es sogar Geldstrafen für Ressorts (Budgets werden gekürzt), wenn parlamentarische Antworten nicht oder zu spät erfolgen. Wobei, schränken sie ein, so weit wollen sie jetzt auch wieder nicht gehen. Aber zumindest eine Verwarnung durch den Vorsitzenden sollte es geben.

Weitere türkis-grüne Kritikpunkte an der Stadtregierung: der von Bürgermeister Michael Ludwig angekündigte Bericht zur Prüfung von umstrittenen Kleingarten-Ankäufen durch SPÖ-Politiker liege noch immer nicht vor; es gebe zwar einen Compliance Officer im Rathaus, aber noch immer keinen Verhaltenskodex für Abgeordnete und auch noch keine Kontakte auf Klubebene darüber.

Lange Mängel-Liste

ÖVP und Grüne urgieren auch Anpassungen was das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes betrifft. Und natürlich dürfen Reformwünsche für U-Kommissionen nicht fehlen. So sollen neue Regeln geschaffen werden, Beweisanträge durchzusetzen. Und: Die Notkompetenz des Bürgermeisters müsse reformiert werden. Bis zur nächstes Wien-Wahl im Herbst 2025 wäre ausreichend Zeit. Theoretisch.

»„Stadtrat Hacker tritt die Demokratie mit Füßen.“«

Markus Wölbitsch

ÖVP-Klubchef

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