Landwirtschaft

Wie die Hofübergabe besser funktioniert

Ein Drittel der heimischen Betriebsführer ist über 55 Jahre alt. Es steht also ein Generationenwechsel an.
Ein Drittel der heimischen Betriebsführer ist über 55 Jahre alt. Es steht also ein Generationenwechsel an. Leonhard Foeger
  • Drucken

Landwirtschaftsministerium, -Kammer und Landjugend starten eine Initiative, um Hofübergaben zu sichern. Meist scheitert es am Loslassen und an der Auszahlung der Geschwister, berichtet ein Landwirt.

Die Tierschützer sind auf jeden Fall schon da. Sie halten vor dem Hoftor des Bio-Bauernhofs Prentlhof im südlichen Wien ein Transparent in die Höhe, auf dem sie Stroh für Schweine fordern und auch ein Aus der Vollspaltenböden. Mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass es auch an diesem Donnerstagmorgen auf dem Prentlhof weder Schweine noch Vollspaltenböden gibt, Stroh hingegen schon.

Aber gut, der Protest ist auch an den Besuch des städtischen Bauernhofs gerichtet. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig hat gemeinsam mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (beide ÖVP) und der Leiterin der Österreichischen Landjugend, Valentina Gutkas, zum Medientermin geladen.

Junges Österreich

Die Tierschützer sind auch der Grund, warum man für einen Besuch auf dem Bauernhof tatsächlich einen Presse-Ausweis vorzeigen muss. Dabei geht es heute um ein Thema, gegen das auch Tierschützer wenig haben werden, nämlich die Hofübergabe. Das Landwirtschaftsministerium hat gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und eben der Landjugend eine Initiative namens Hofübernahme im Fokus – die Zukunft unserer Landwirtschaft ins Leben gerufen, die am Donnerstag vorgestellt wurde.

Böse Zungen würden meinen, eine solche Initiative braucht es gar nicht, denn Österreichs Landwirtschaft ist im europäischen Vergleich sehr jung. „Österreich hat die jüngste Landwirtschaft in der EU. 23,4 Prozent der Betriebsführer sind unter 40 Jahre alt“, sagt Minister Totschnig. Der EU-Schnitt liegt bei 11,9 Prozent. Dennoch: Ein Drittel der heimischen Betriebsführerinnen und Betriebsführer ist über 55 Jahre alt, also steht auch auf Bauernhöfen ein Generationenwechsel an.

Und darauf wolle man vorbereitet sein. Und wie es sich für einen solchen Termin gehört, hat die anwesende Politik auch ein schönes Sprachbild parat: „Wird eine Stalltür einmal geschlossen, dann bleibt sie in der Regel zu“, sind sich Totschnig und Plakolm einig.

Neue Förderungen

Herzstück der Initiative, mit der die Hofübergaben vereinfacht oder zumindest gesichert werden sollen, ist eine neue Website (konkret eine Landingpage unter www.landwirtschaft.at), auf der relevante Informationen für potenzielle Hofnachfolger gesammelt werden. Dazu zählen Bildungs- und Beratungsangebote, aber auch neue beziehungsweise aufgestockte finanzielle Unterstützung. So bekommen etwa Junglandwirte eine zusätzliche Unterstützung von 66 Euro pro Hektar für die ersten 40 Hektar oder auch eine Niederlassungsprämie bis zu maximal 15.000 Euro. Auch neue Investitionen werden gesondert gefördert.

Mit dem Aktionsplan „Smart Farming“ wird auch auf die Digitalisierung ein Schwerpunkt gelegt. „Automatisierung und Digitalisierung sind in der Landwirtschaft voll angekommen“, sagt Staatssekretärin Plakolm. Allerdings brauche es auch hier Unterstützung bei Investitionen und Know-how. Die Digitalisierung könne etwa bei der Bewässerung oder beim Ausbringen von Nützlingen mit Drohnen genutzt werden.

Vorzeigebetriebe

Gleichzeitig will man mit einer neuen Kampagne, in der Best-Practice-Beispiele gezeigt werden, junge Menschen dazu motivieren, in die Landwirtschaft einzusteigen und einen Hof zu übernehmen. Genau so ein Vorzeigebetrieb ist auch der Prentlhof. Markus Sandbichler hat gemeinsam mit seiner Frau, Katharina, bereits 2007 von seiner Mutter übernommen und gleich einmal auf bio umgestellt. Auf 85 Hektar (zwei Drittel davon in Niederösterreich, der Rest in Wien) betreiben sie vor allem Ackerbau, halten auch Hühner, haben Platz für ein paar Therapiepferde, bieten „Schule am Bauernhof“ an und betreiben mit einem Ab-Hof-Automaten auch Direktvermarktung. Der Prentlhof ist somit ein gutes Beispiel, wie man als Landwirtschaft gut überlebt. Denn, wie Totschnig ausführt, sei es nicht nur wichtig, den Hof rechtzeitig zu übergeben, sondern auch, sich zu diversifizieren, also etwa Direktvermarktung, Urlaub am Bauernhof oder andere Angebote anzubieten.

Für Sandbichler war die Hofübergabe relativ konfliktfrei. „Meine Mutter hat den Hof für uns am Leben gehalten“, sagt er beim Rundgang durch den Betrieb. Ganz ohne Generationenkonflikt sei es nicht gegangen. „Das Loslassen fällt vielen schwer. Wir haben einen mobilen Hühnerstall gemacht, das hat meine Mutter anfangs sehr kritisch gesehen“, sagt er, der im zweiten Bildungsweg eine landwirtschaftliche Ausbildung (Facharbeiter plus Boku-Studium) gemacht hat. Nachsatz: „Manchmal sag ich, ich habe das agrarökonomische Studium nur gemacht, damit ich alles mit Zahlen belegen kann.“

Auch bei seinen Kollegen sei das Loslassen für die ältere Generation oft ein Problem. „Alle wünschen sich, dass ein Betrieb weitergeführt wird. Aber viele wünschen sich, dass er genau so weitergeführt wird, wie es immer war. Das geht nicht. Es gibt den alten Spruch ‚Übergeben heißt nicht mehr leben‘, davon muss man sich dringend verabschieden.“ Und noch etwas werde unterschätzt: Sind mehrere Kinder da, die einen Hof übernehmen wollen, sei das Fluch und Segen. Geschwister auszuzahlen, sei für viele nicht einfach.

Schuh

»„Es gibt den Spruch ‚Übergeben ist nicht mehr leben‘. Davon muss man sich dringend verabschieden.«

 Markus Sandbichler

Wiener Landwirt

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.