Stadt antwortet Kritik

Michaelerplatz: „Gar keine Bäume sind unvorstellbar“

Die Sicht auf das Michaelertor soll  auch nach einer 
Begrünung des Platzes frei bleiben.
Die Sicht auf das Michaelertor soll auch nach einer Begrünung des Platzes frei bleiben. Picturedesk/Hans Klaus Techt
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Nach Architektenkritik verteidigen Stadt, Bezirk und Denkmalamt ihre Umgestaltungspläne. Man plane eben für alle Menschen, nicht nur für Professoren.

Wien. Zu viele Bäume für den Michaelerplatz – mit dieser durchaus nicht alltäglichen Kritik an den Umgestaltungsplänen der Stadt ließen am Freitag Architekten und Kunsthistorikerinnen aufhorchen. Das sorgte auch bei der Stadt für Verwunderung, die ihre Pläne, ebenso wie der Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, Markus Figl, gegenüber der „Presse“, verteidigt.

„Üblicherweise wird bei Projekten gefragt, warum zu wenig Grün geplant wurde“, sagt Franz Kobermaier, Leiter der MA 19 für Architektur und Stadtgestaltung. „Es ist ein bisschen irritierend, dass es diesmal umgekehrt ist. Dass jemand etwas gegen Bäume hat, ist außergewöhnlich.“ Für den Stadtplaner, der in dem Projekt Michaelerplatz federführend involviert war, ist mittlerweile klar: „Um Klimawandelanpassung kommt man heutzutage nicht mehr drum herum. Gar keine Bäume, das ist unvorstellbar.“

Was nicht bedeute, dass man die Ansichten der Kritiker – sie befürchten, die Bepflanzung könnte die Wirkung des historischen Ambientes zerstören – nicht einbezogen habe. So habe es mit einem der Initiatoren der Initiative SOS Michaelerplatz, dem Kunsthistoriker Andreas Nierhaus vom Wien-Museum, bereits im Herbst ein Gespräch gegeben, im Jänner dieses Jahres folgte ein runder Tisch mit Fachleuten sowie Anrainern. Danach sei noch einiges geändert worden, so Kobermaier: Etwa wurden die zunächst geplanten erhöhten Pflanzelemente gestrichen, um die Sichtbarkeit über den Platz zu erhalten.

Gute Sicht

Überhaupt sind die Sichtachsen, vom Kohlmarkt auf das Michaelertor etwa, das, was die Architekten und Kunsthistoriker besonders in Gefahr sehen. Auf das sei natürlich eingegangen worden, sagt Kobermaier. „Es gab viele Ideen: Die Bäume weiter hinaus, weiter hinein, symmetrisch vor der Hofburg aufstellen?“ Die nun geplante asymmetrische Baumgruppe in der Mitte des Platzes sei so angeordnet, dass man sie weiter hinten auf dem Kohlmarkt stehend „praktisch nicht sehen“ werde, auch weiter vorn werde die Sicht auf das Michaelertor nicht gestört.

Die Kirche sei trotz der dort geplanten Baumgruppe ebenfalls noch gut sichtbar, vor der Hofburg sind nun Gräserbeete statt Bäumen geplant, die optisch unauffällig seien. „Es wird so getan, als würde der Platz verschandelt werden. Das stimmt nicht, das wurde alles sehr genau und sehr behutsam überlegt und mit dem Bundesdenkmalamt abgestimmt.“

Letzteres meldete sich am Montag ebenfalls mit einer Aussendung zu dem Thema: „Das Bundesdenkmalamt hat im Zuge der Projektwerdung fachliche Bedenken gegen eine Beeinträchtigung der Sichtachsen vorgebracht, die hinsichtlich der Zahl und der Platzierung der von der Stadt Wien geplanten Bäume berücksichtigt wurden.“

Vor dem Looshaus hingegen habe man sich bewusst gegen Bäume – stattdessen für ein nur im eingeschalteten Zustand sichtbares Wasserspiel – entschieden. Zur Kühlung seien Wasserelemente wichtig, so Kobermaier. „Wir planen eben für alle Menschen, nicht nur für das optische Erscheinungsbild, das sich manche Professoren wünschen.“

In eine ähnliche Kerbe schlägt Bezirkschef Markus Figl (ÖVP). „Der Platz ist natürlich ein Ensemble, in dem sich die Geschichte widerspiegelt. Auf die räumliche Wirkung ist zu achten, aber es ist immer ein Kompromiss. Es gab den ganz intensiven Wunsch der Bevölkerung nach Bäumen, Beschattung und einem besseren Mikroklima.“

Die angesprochenen Themen der Kritiker hätten durchaus Relevanz, so Figl gegenüber der „Presse“: „Ich finde es gut, wenn es eine öffentliche Diskussion gibt, gerade über Dinge, die man oft wenig berücksichtigt, wie die Raumwirkung.“ Verwundert zeigte er sich lediglich ob des Zeitpunkts der geäußerten Kritik. „Ich würde mir manchmal wünschen, dass man das rechtzeitig tut.“ Schließlich habe man die Pläne vergangenen Juni vorgestellt, dem sei ein intensiver und ungewöhnlich langer Planungsprozess vorausgegangen. Denkmalschutz oder Klimaschutz, für Figl schließe sich beides jedenfalls nicht aus.

Plan für City in Arbeit

Wie Umgestaltungen und klimafitte Anpassungen in Zukunft gelingen können, ohne dass das historische Ambiente zerstört wird, dieser Frage will sich künftig auch die MA 19 noch intensiver widmen. Ab Sommer wird ein Bezirksentwicklungsplan für die Innere Stadt erarbeitet.

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