Zwischentöne

Reichenauer Festspiele, ganzjährig

Renate Loidolt hat ihr Archiv geordnet und bittet zu spannenden Nachmittagen.

Mehr als drei Jahrzehnte lang pilgerten Theaterfreunde im Sommer nach Reichenau zu Aufführungen mit beliebten Darstellern, ohne dass sich Regisseure in den Vordergrund gespielt hätten. Schauspieler- statt Regietheater. Das Publikum wusste zu schätzen, dass hier Interpretation zuallererst einmal bedeutete, Deutungen eher aus den Texten der Dichter als aus den Fantasien von Inszenatoren zu entwickeln.

Der Erfolg gab dem Team um Renate und Peter Loidolt recht. Nach der Unterbrechung durch die Pandemie versuchen sich die Festspiele nun – durchaus in Anlehnung an die Tradition – neu zu definieren. Neo-Intendantin Maria Happel war in der Ära Loidolt eine der wichtigsten Schauspielerinnen. Wie man ein erfolgreiches Festival managt, das kann sie im ersten Stock ihres Theaters wunderbar studieren. Dort betreut Renate Loidolt ihr Archiv, in dem sie sämtliche Daten, Fakten und Dokumente der Festspiele gesammelt hat und zugänglich macht.

»Wenn „Anatol“ gespielt wird, darf man schon an brillante Produktionen erinnern.«

Renate Loidolt

Die Festspielgründerin hatte jüngst den Tod ihres Ehemannes, Peter, ihres treuen Kompagnons, zu beklagen. „Ich sitze im Tränental“, sagt sie unumwunden, schöpft aber auch Kraft aus ihrer Tätigkeit, die „unser gemeinsames Projekt dokumentiert. Damit bin ich weiterhin in ,unserem‘ Theater tätig und kann auch das Andenken meines Mannes pflegen.“

Ein solches Archiv muss, betont Renate Loidolt, „keine verstaubte Angelegenheit sein. Während unserer Zeit wurde ja vom ORF viel aufgezeichnet.“ Besucher finden also nicht nur Bilder, Briefe, Rezensionen, sondern auch Videos. So wird das Archiv zum Treffpunkt für Theaterfreunde. Am vergangenen Wochenende gab es erstmals einen Themennachmittag mit Bezug zum kommenden Festival: „Da steht wieder einmal Schnitzlers ,Anatol‘ auf dem Programm. Da darf man schon an zwei brillante Produktionen dieses Stücks in Reichenau erinnern, eine mit Karlheinz Hackl, eine mit Herbert Föttinger.“ Der Nachmittag war so erfolgreich, dass er gleich am 4. Mai wiederholt wird.

E-Mails: wilhelm.sinkovicz@diepresse.com

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