Europaparlament

Causa Krah: Fraktion europäischer Rechtspopulisten schloss AfD aus

AfD-Kandidat Maximilian Krah brachte nun quasi seine gesamte deutsche Gruppe im EU-Parlament zu Fall. (Bild: eine Sitzung in Straßburg im April).
AfD-Kandidat Maximilian Krah brachte nun quasi seine gesamte deutsche Gruppe im EU-Parlament zu Fall. (Bild: eine Sitzung in Straßburg im April).APA / AFP / Frederick Florin
  • Drucken

Die Führung der extrem rechten Parteiengruppe ID im EU-Parlament hatte den Rauswurf der AfD initiiert. Grund waren Negativ-Schlagzeilen der vergangenen Wochen unter anderem um AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah und dessen Relativierung der SS sowie wegen Spionageverdachts. Die FPÖ indes stimmte gegen den Ausschluss.

Berlin/Brüssel/Rom/Paris/Wien. Der extrem rechten deutschen Partei AfD (Alternative für Deutschland) droht nun neben den Kalamitäten um ihren Spitzenkandidaten zum EU-Parlament, Maximilian Krah, noch heftigeres Ungemach: Nachdem Krah (47), gebürtiger Sachse, diese Woche wegen politisch brisanter Aussagen zur SS aus dem AfD-Bundesparteivorstand geworfen wurde und seinen Wahlkampf zur EU-Wahl im Juni stoppen musste, wurde nun am Donnerstagnachmittag die gesamte AfD-Repräsentanz im EU-Parlament ausgeschlossen – aber nicht aus dem Parlament, sondern aus der eigenen, übergreifenden Fraktion rechtsnationaler Parteien ID (Fraktion Identität und Demokratie).

Die Fraktionsführung der ID habe diesen Schritt mit der erforderlichen Mehrheit beschlossen, meldete die Nachrichtenagentur DPA unter Berufung auf mehrere Mitglieder dieser Fraktion. Zuvor hatte es geheißen, dass am Nachmittag über den Ausschluss in einem zunächst schriftlichen Verfahren abgestimmt werde, das noch am selben Tag, also Donnerstag, beendet sein solle. Nach Informationen der DPA hatte von Anfang an unter anderem die italienische Lega zugestimmt. Und nach den ID-Regeln gilt auch ein Schweigen als Zustimmung.

Neun Abgeordnete in der Fraktion

Die ID stellte zuletzt 59 der 705 EU-Abgeordneten, Fraktionsvorsitzender ist der Italiener Marco Zanni von der Lega. Neben der AfD mit zuletzt neun Abgeordneten sind in der Fraktion unter anderem der französische Rassemblent National (16), die Lega aus Italien (23) und die FPÖ (3).

Laut ersten Informationen der DPA stimmte die FPÖ gegen den Ausschluss der AfD, ebenso die estnische Partei EKR. Neben Lega und Rassemblement National stimmten indes der flämische Vlaams Belang, die Dänische Volkspartei sowie die tschechische Partei Freiheit und direkte Demokratie dafür.

Die AfD hatte zuvor versucht, mit einem Ausschluss Maximilian Krahs Folgen für sich selbst zu verhindern. In dem Dokument bzw. Antragstext hieß es laut DPA, in Anbetracht „der Reihe von Vorfällen, an denen Herr Maximilian Krah und damit auch die deutsche Delegation der Gruppe beteiligt waren und in Anbetracht der Tatsache, dass diese Vorfälle dem Zusammenhalt und dem Ruf der Gruppe geschadet haben“ solle entschieden werden, die Mitgliedschaft der Mitglieder der deutschen Delegation mit sofortiger Wirkung zu beenden. Die betreffenden neun Politiker sind danach namentlich aufgelistet.

Einspruch eingelegt

Nach Informationen des Senders NTV hatte die Delegationsleiterin der AfD, Christine Anderson, Einspruch gegen das schriftliche Verfahren eingelegt und forderte eine mündliche Auseinandersetzung. Man bot offenbar weiter an, nur Krah auszuschließen.

Die AfD kam in den vergangenen Wochen auf verschiedene Weise schwer in die Bredouille. EU-Spitzenkandidaten Krah etwa hatte sich bezüglich der SS (Schutzstaffel, sie stellte etwa typischerweise die Wachen in Konzentrationslagern sowie Kampftruppen parallel zur Wehrmacht) relativierend geäußert, indem er in einem Interview mit der italienischen Zeitung „La Repubblica“ sagte, nicht alle SS-Männer seien Verbrecher gewesen. Eine SS-Uniform sei quasi kein Automatismus dafür.

Zudem steht Krah unter Druck wegen der Spionageaffäre um einen Mitarbeiter und seiner Nähe zu Russland und China. Auch die Nummer zwei der AfD-Europaliste, Petr Bystron, ein gebürtiger Tscheche, wird nach Korruptionsermittlungen vorerst keinen Wahlkampf mehr machen.

Bei den Nürnberger Prozessen nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die SS zu einer verbrecherischen Organisation erklärt.

Französische Le-Pen-Partei brach mit AfD

Der französische Rassemblement National von Marine Le Pen hatte der AfD nach den SS-Äußerungen Krahs sehr schnell die Zusammenarbeit aufgekündigt. RN-Parteichef Jordan Bardella sagte im TV: „Ich denke, dass die AfD, mit der wir im Europäischen Parlament seit fünf Jahren zusammengearbeitet haben, Linien überschritten hat, die für mich rote Linien sind.“

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni von den ultrarechten Fratelli d‘Italia hatte sich schon Anfang des Jahres von der AfD distanziert. Sie sprach von „unüberbrückbaren Differenzen“ und bezog sich damals vor allem auf die Beziehungen der AfD zu Russland. Die Fratelli gehören auf Europa-Ebene allerdings aber nicht der ID-Fraktion an, sondern der Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR).

Die FPÖ lavierte

Seitens des FPÖ-Parlamentsklubs hatte es am Mittwoch gegenüber der APA geheißen, die Frage zu konkreten Zusammenarbeiten stelle sich nach dem Wahltag. Die FPÖ strebe ein möglichst breites patriotisches Bündnis an. „Maximilian Krah hat nach seinen Aussagen die Konsequenzen gezogen. Das ist ein klares Zeichen.“

Ein Rauswurf der AfD aus der extrem rechten ID-Fraktion würde indes nur symbolischen Charakter haben, da das Parlament derzeit nicht tagt, erst wieder nach der Wahl Anfang Juni. Wie die AfD im Wahlkampf weiter verfahren wird, ist unklar. Neue Kandidaten kann sie nicht mehr nominieren. (DPA/wg)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.