Geldpolitik

EZB-Chefvolkswirt Lane bestätigt Hoffnungen auf Zinswende

Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank muss heuer trotz absehbarer Lockerungen restriktiv bleiben, meint EZB-Chefvolkswirt Philip Lane.
Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank muss heuer trotz absehbarer Lockerungen restriktiv bleiben, meint EZB-Chefvolkswirt Philip Lane.Reuters / Yiannis Kourtoglou
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Die EZB steuert auf eine erste Zinssenkung nach einer längeren Zeit mit straffer Geldpolitik zu. Allerdings werde der Leitzins zunächst im restriktiven Bereich bleiben, kündigte der EZB-Chefvolkswirt an. Als restriktiv gilt eine Geldpolitik, wenn der Leitzins über dem sogenannten „natürlichen Zins“ liegt.

Die Europäische Zentralbank (EZB) steht laut ihrem Chefvolkswirt Philip Lane in den Startlöchern für eine Zinssenkung in der kommenden Woche. „Wenn es keine größeren Überraschungen gibt, reicht das, was wir derzeit sehen, aus, um das oberste Niveau der Restriktion wegzunehmen“, sagte Lane in einem am Montag veröffentlichten Interview der „Financial Times“. Unter einem restriktiven Zinsniveau verstehen Währungshüter eine Zinshöhe, bei der eine Volkswirtschaft gebremst wird.

Die Daten würden in den kommenden Monaten helfen zu entscheiden, mit welcher Geschwindigkeit die EZB ihre Geldpolitik noch weiter lockere. Der nächste Zinsentscheid steht am 6. Juni an. Dann steht eine Zinssitzung am 18. Juli an.

Die EZB hält den Einlagensatz, den Geldhäuser erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, seit September 2023 auf dem Rekordniveau von 4,0 Prozent. Der Leitzins, zu dem sich Banken frisches Geld bei der EZB besorgen können, beträgt 4,5 Prozent. Das Inflationsziel der Eurowächter einer Teuerung von 2,0 Prozent ist mit einer Rate von 2,4 Prozent im April inzwischen in greifbare Nähe gerückt.

Lane: EZB-Geldpolitik muss restriktiv bleiben

Aus Lanes Sicht muss die EZB darauf achten, dass die Schlüsselzinssätze heuer in der restriktiven Zone bleiben. „Die beste Art, die Debatte in diesem Jahr zu führen, ist, dass wir das ganze Jahr über restriktiv sein müssen“, sagte Lane mit Blick auf die Frage der geldpolitischen Ausrichtung. „Aber innerhalb dieser restriktiven Zone können wir uns etwas nach unten bewegen.“ Die Notenbank könne so sicherstellen, dass die Inflation nicht oberhalb des Zielwerts steckenbleibe, sagte der Ökonom.

Als restriktiv gilt eine Geldpolitik, wenn der Leitzins über dem sogenannten „natürlichen Zins“ liegt. Auf diesem „neutralen“ Niveau wird die Wirtschaft durch den Leitzins weder gebremst noch angetrieben. Diese Zinshöhe lässt sich jedoch nur schätzen.

An der Börse haben Anleger ihre Zinssenkungserwartungen für heuer etwas abgeschwächt, nachdem neue Daten eine Zunahme des Lohnwachstums im Euroraum zu Jahresbeginn gezeigt hatten. Die Tariflöhne stiegen im ersten Quartal um 4,7 Prozent - nach einem Anstieg von 4,5 Prozent im Schlussquartal 2023. Lane zufolge stimmt die Richtung jedoch weiter: „Die allgemeine Richtung der Löhne zeigt immer noch auf Abschwächung hin, was wesentlich ist.“ Das Lohnwachstum gilt als einer der Haupttreiber der Inflation in der 20-Länder-Gemeinschaft.

Die EZB steuert auf eine erste Zinssenkung nach einer längeren Zeit mit straffer Geldpolitik zu. Für die nächste Sitzung Anfang Juni rechnen Analysten fest mit einer Lockerung um 0,25 Prozentpunkte. Seit Mitte 2022 stemmt sich die EZB mit höheren Leitzinsen gegen die zeitweise extrem hohe Inflation. In den vergangenen Monaten ist die Teuerung tendenziell gefallen, was Spielraum für Zinssenkungen eröffnet. (APA/dpa-AFX)

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