Ungenierter Griff in die Kassen

POLIT-SKANDALE. Österreichische Politiker mit Nehmer-Qualitäten gab es in den vergangenen 60 Jahren immer wieder. Zu gerichtlichen Verurteilungen kam es aber nur selten.

Wien. Die steile Karriere war jäh beendet: Karl Sekanina, Bautenminister, Vizepräsident des Gewerkschaftsbundes und Präsident des Fußballbundes, musste am 22. Februar 1985 plötzlich von allen Ämtern zurücktreten. Zuvor war bekannt geworden, dass der mächtige SPÖ-Politiker in die Gewerkschaftskasse gegriffen hatte: 837.000 Schilling (60.828 Euro) hatte er sich als „Darlehen“ genommen, ohne damit irgendwelche Gremien zu befassen. Auch seine Villa in Hietzing sorgte für Diskussionen: Die war nämlich ein besonderes Schnäppchen. Sekanina hatte sie um drei Millionen Schilling (220.000 Euro) von einem SPÖ-nahen Bauträger erworben.

Es war nicht der erste Fall von besonderen Nehmer-Qualitäten in der Politik – und natürlich auch nicht der letzte. Zur Symbolfigur des „Bonzen“ wurde der steirische Arbeiterkammer-Präsident Alois Rechberger, der so viele Ämter anhäufte, dass er auf eine Gage von mehr als 200.000 Schilling kam. Rechberger stürzte die Arbeiterkammer in eine schwere Krise und lieferte dem damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider viel Munition für den steilen politischen Aufstieg. Im Gegensatz zu Sekanina, der wegen „tätiger Reue“ vor Gericht ungeschoren davonkam, wurde Rechberger auch verurteilt: Wegen Veruntreuung von Kammergeldern.

Der damalige Vizekanzler und logische Kreisky-Nachfolger Hannes Androsch stolperte ebenfalls über den Wunsch nach Einkommens-Maximierung: Als Finanzminister war er gleichzeitig an einer Steuerberatungskanzlei beteiligt – ein klarer Fall von Unvereinbarkeit. Zudem sorgte die Finanzierung seiner Villa aus dubiosen Quellen („Wahlonkel“) für Irritationen unter den Genossen.

Geld für die ÖVP abgezweigt

Nicht immer hatten Skandale mit persönlicher Bereicherung zu tun. Peter Krauland, ÖVP-Minister für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung in den Jahren 1945 bis 1949, zweigte Gelder ab, die in die Kassen der ÖVP flossen. Ähnliches machte 20 Jahre später Viktor Müllner, Ex-Landeshauptmannstellvertreter in Niederösterreich, der der ÖVP 46 Millionen Schilling an Landesgeldern zukommen ließ.

Eindeutig der roten Reichshälfte zuzuordnen ist dagegen der AKH-Skandal. Durch Bestechung, Veruntreuung und Amtsmissbrauch kletterten die Baukosten des Allgemeinen Krankenhauses in Wien von 20 auf 50 Milliarden Schilling.

Dass man trotz zweifelhafter Transaktionen sein Amt behalten und sogar ungeahnte Höhen der Popularität erreichen kann, beweist der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Der jetzige Manager bei Meinl International Power hat sich in seiner Amtszeit als Minister von der Industriellenvereinigung seine Homepage sponsern lassen – immerhin 283.000 Euro flossen zum Verein für „New Economy“, über den Grasser-Vertraute den Internet-Auftritt ihres Chefs organisierten. Dass der Verein für die großzügige Spende keine Schenkungssteuer abführte, sorgte zwar für heftige Debatten, zu einem Gerichtsverfahren kam es aber nicht.

Noch offen ist, ob bei der Beschaffung der Abfangjäger Eurofighter Korruption im Spiel war. Ein Verfahren gegen den früheren Luftwaffenchef Erich Wolf ist noch im Laufen. Der Lobbyist der Eurofighter-Mutterfirma EADS, Erhard Steininger, hat die in Not geratene Firma des Ehepaars Wolf finanziell unterstützt und Geld überwiesen, ohne dafür eine Gegenleistung einzufordern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2007)

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