Trends: Verkaufen, um weiterzuziehen

Die einen trennen sich von Objekten, die anderen investieren: Die Märkte in den „alten“ neuen EU-Ländern bieten weiterhin gute Bedingungen für die Immobilienbranche.

Schneller, höher, weiter! Längst sind Projektentwickler und Investoren mit Sinn für etwas mehr Risiko – und Rendite – auf ihrem Weg durch die CEE-Länder in Russland, in der Ukraine oder in Serbien angelangt. Staaten wie Ungarn, Tschechien, Polen oder die Slowakei, vor einigen Jahren die Shooting-Stars aus dem Blickwinkel des Immobilienbusiness, gelten nun als reif, etabliert, gut entwickelt. Wo früher höheres Risiko mit dementsprechenden Renditen abgegolten wurde, nähert man sich nun immer mehr westeuropäischem Niveau, sei es, was Erträge, rechtliche Rahmenbedingungen oder Transparenz des Marktes betrifft.

Sicherheitsorientierte Anleger

Investoren und Projektentwickler, die früh in diesen Regionen tätig waren – nicht zuletzt solche aus Österreich –, beginnen nun zum Teil ihre Objekte zu verkaufen. „Die Ergebnisse der Projektentwicklungsphase werden nun in Gewinne umgewandelt“, sagt Manfred Ton, Immobilienexperte bei der Kanzlei CHSH. Zwei Beispiele: Die Immoeast verkaufte kürzlich ein Büroobjekt in Prag an die deutsche SEB Immobilien-Investment GmbH, die CA Immo International eines in Warschau an zwei börsenotierte polnische Immofonds. Als Käufer treten vor allem Gesellschaften auf, die sicherheitsorientiert und langfristig anlegen möchten. „Etwa deutsche offene Fonds oder auch niederländische Investoren“, berichtet Peter Vcelouch, ebenfalls Rechtsanwalt bei CHSH.

Nicht zuletzt, weil die „Neulinge“ nun erwerben, was die „Alteingesessenen“ verkaufen, um weiter in den Osten und den Süden zu ziehen, gehen Marktbeobachter davon aus, dass das Investmentvolumen auch im Jahr 2008 ein hohes sein wird. Insgesamt wurden in den CEE- und SEE-Ländern (unter anderem mit Russland, der Ukraine) laut CB Richard Ellis im Vorjahr 14,2 Milliarden Euro investiert. Unter den etablierten Märkten hat dabei Polen mit über drei Milliarden Euro die Nase voran, gefolgt von Tschechien (2,6 Milliarden Euro), Ungarn (1,9 Milliarden Euro) und der Slowakei (306 Millionen Euro). Zum Vergleich: In Wien belief sich das Transaktionsvolumen im Jahr 2007 auf 2,6 Milliarden Euro.

Höhere Mieten im Top-Segment

Andreas Ridder, Geschäftsführer von CBRE Österreich und zuständig für die CEE-Region, geht auch wegen der anhaltend guten volkswirtschaftlichen Prognosen von einer erfreulichen Weiterentwicklung aus: „Im Prinzip läuft dort alles gut“. Speziell für die Slowakei seien die Daten überaus günstig, Ungarn hingegen hinke bei volkswirtschaftlichen Trends immer ein wenig nach.

Die Aussichten für das Jahr 2008 sind also rosig. Die Finanzkrise werde sich nur leicht auf diese Länder auswirken. Bei den Mietmärkten wiederum geht Ridder nicht von starken Steigerungen aus, die aus einer Angebotsverknappung resultieren. Lediglich bei hochwertigen Flächen könnte es eng werden. So heißt es etwa in einer Analyse von Jones Lang LaSalle, dass wegen teilweise steigender Mietkosten auf andere Standorte in der Region ausgewichen wird. Motto: Ist Prag zu teuer, wird eben Brünn der neue Bürostandort.

Jenseits der Hauptstädte

Bei Immobilienunternehmen sind ähnliche Strategien zu beobachten. So mancher Developer oder Investor beschreitet den Weg in die – oft gar nicht kleinen – „Secondary Cities“ in den jeweiligen Ländern. „Dort gibt es noch Entwicklungspotenzial, nicht nur bei Büroprojekten, sondern auch bei Einkaufs- und Fachmarktzentren“, erklärt Vcelouch.

Auch wenn die Pioniere weiterziehen, bleiben Ungarn, Tschechien, Polen und die Slowakei für Developer und Investoren attraktive Ziele. Schließlich sind bei all der Sicherheit und Reife die Renditen doch noch eine Spur höher als in Westeuropa.

MÄRKTE. Zahlen & Fakten

Immobilienmakler und -berater gehen auch für das Jahr 2008 von einer starken Nachfrage nach Gewerbeflächen in Ungarn, Tschechien, Polen und der Slowakei aus, die wachsenden Ökonomien und das hohe Niveau der ausländischen Direktinvestitionen begünstigen diese Entwicklung.

Im Vorjahr belief sich laut CBRE das Transaktionsvolumen in der CEE- und SEE–Region auf insgesamt 14,2 Mrd. Euro. Auf Polen entfielen 3,092 Mrd. Euro, auf Ungarn 1,946 Mrd. Euro, Tschechien verbuchte 2,643 Mrd. Euro an Investitionen für sich, in der Slowakei wurden 306 Mio. Euro angelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2008)

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