Ein Ministerium, zwei Genossen, jede Menge Streit

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für Verkehrsminister Faymann ist Staatsekretärin
Kranzl ein rotes Tuch. Und vice versa. Jetzt wird schon wieder gestritten.

Die Welt, wie Christa Kranzl sie sieht: Neid ist immer und überall. Unrecht sowieso. Und sie als Staatssekretärin hat es überhaupt besonders schwer. In einem Interview mit der „Presse“ fand Kranzl daher neulich glasklare Worte: Sie sei „keine Marionette“, sondern „eine eigenständige Frau“. Jedenfalls keine, die sich „einen Maulkorb umhängen lassen“ würde. Weil: „Ich bin tough“.

Soll heißen: Um die Frau SPÖ- Staatssekretärin braucht man sich wirklich keine Sorgen zu machen. Obwohl sie seit ihrem Amtsantritt ständig Häme über sich ergehen lassen muss.

Das fing schon an, als die Staatssekretärin im Infrastrukturministerium – als erste Amtshandlung quasi – ihr Büro ummodeln und neu einrichten ließ. Und das setzte sich fort, als sie ausgiebig dienstreiste. Weniger gut angekommen ist auch das ganztägige Mammut- Fest im Herbst, mit dem Kranzl das 50jährige Bestehen des Donaukraftwerks Ybbs-Persenbeug würdigen ließ. „Eine Initiative von Staatssekretärin Christa Kranzl“ wurde beim gigantomanischen Open-Air-Event bis zum Abwinken plakatiert. Man muss ja sein Wirken ins rechte Licht rücken.

Zumal das Verhältnis zu ihrem Chef, Infrastrukturminister Werner Faymann, eine wirklich schwierige Kiste ist. Möglich, dass die beiden Partei-„Freunde“ einander einfach nicht riechen können. Möglich, dass Kranzls Naheverhältnis zu Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (mit dem sie die Schulbank drückte) ein gedeihliches Auskommen mit Faymann verhindert. Möglich auch, dass Kranzls verbissene Bemühungen, Kompetenzen an sich zu reißen, ein friedliches Miteinander vermiesen. Faymann und Kranzl – das sind jedenfalls zwei wie Hund und Katz.

"Von meiner Seite funktioniert alles bestens"

Was Kranzl natürlich nicht so stehen lassen will. „Von meiner Seite funktioniert alles bestens“, sagt sie. Im Übrigen verstehe sie nicht, wieso die Medien „das so zum Dauerthema machen.“ Schön garstig. Das Wiener Polit- Parkett wird halt täglich frisch gebohnert.

Und daher wird schon wieder über einen neuen Konflikt zwischen Kranzl und Faymann getuschelt. Dieses Mal geht es um die Flugsicherungs- Gesellschaft Austro Control. Dort laufen die Verträge der langjährigen Vorstände Christoph Baubin und Johann Zemsky Ende 2008 aus. Die Ausschreibung erfolgt im Sommer.

An sich eine denkbar unspektakuläre Sache. Das Vorstandsduo ist fachlich unbestritten. Faymann sieht also, so hört man, keinen Grund, einen Wechsel vorzunehmen. Zumal Zemsky dem roten Lager zugeordnet wird. Und Baubin zwar ein politischer Nullgruppler ist, dafür aber eine lupenreine Karriere vorzuweisen hat: Vor der Austro Control war er bei Daimler Benz in Stuttgart, später mit Entwicklung, Produktion und Vertrieb des Stadtflitzers „Smart“ befasst und wurde danach Vorstand der Magna Europa AG. Nicht von Schaden ist auch das Faktum, dass Baubin Vorstand beim „International Orchestra Institute Attergau“ ist und daher keine unwesentliche Rolle für das Festival „Attersee Klassik“ spielt.

Das wiederum wird von Kronen-Zeitungs-Chef Hans Dichand hoch geschätzt – ein Grund mehr für Dichand-Intimus Faymann, an Baubin festzuhalten. Christa Kranzl hat allerdings ganz andere Pläne - auch wenn sie betont, „keine Präferenzen“ zu haben. Angeblich will sie den langjährigen Austrocontrol-Generalsekretär Heinz Sommerbauer als neuen Chef installieren. Gerüchten zufolge hat er in der Angelegenheit schon fleißig bei Kranzl antichambriert – was Sommerbauer entrüstet dementiert: „Es hat keine Gespräche gegeben“, sagt er.

Insider erzählen hingegen, dass Sommerbauer – einst Kabinettschef von SPÖ-Verkehrsminister Rudolf Streicher – schon vor Jahren nahe dran war, den begehrten Chefposten zu bekommen. Das war Ende der neunziger Jahre, Streicher soll sich auch vehement für ihn eingesetzt haben, doch Streichers Nachfolger Caspar Einem gab Baubin den Vorzug. Also soll es jetzt zu Anlauf numero zwei kommen. Angeblich wieder mit freundlicher Unterstützung von Streicher - und von Kranzl.

Dass dies zielführend sein wird, steht allerdings zu bezweifeln. Faymann hat sich bisher immer noch gegen seine streitbare Staatssekretärin durchgesetzt. Zwar ist sie im Ministerium offiziell für die Bereiche Luft, Wasser und Innovation zuständig – doch im Zweifelsfall zückt Faymann liebend gerne die „Chef-Karte“. Wie zuletzt beim Austrian Research Center Seibersdorf. Dort wollte Kranzl den Aufsichtsrat im Juni auf neun Personen reduzieren, Faymann bestand auf elf. Und setzte sich durch. Was Kranzl zu einer bitterbösen Aussendung veranlasste: „Über Wunsch von Bundesminister Werner Faymann werden diesem Gremium nun elf Personen angehören, entgegen der ursprünglich vorgesehenen neun, die Staatssekretärin Christa Kranzl ebenfalls als ausreichend empfunden hätte.“ Autsch.

Wenige Tage später legte Kranzl nach. Da hatte Faymann gerade die drei Vorstände der Straßenbaugesellschaft Asfinag in die Wüste geschickt – unter maximalem politischen Donnerwetter. Dank Kranzl auch aus der eigenen Partei: „Also ich hätte es anders gemacht“, gab sie in einem Interview schnippisch zu Protokoll. Anfang März lud Kranzl zu einem feierlichen Diner anläßlich des Besuchs des ägyptischen Verkehrsministers. Dort wunderten sich die Gäste: Faymann war nicht geladen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 5. 4. 2008)

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