Handel: Weniger ist manchmal mehr

(c) APA (Helmut Fohringer)
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Wieso heimische Zentren bieder wirken und doch gut funktionieren. Und warum anderswo auf Spektakel gesetzt wird.

Wenig spektakulär, aber durchaus erfolgreich: Heimische Shopping-Zentren mögen sich nicht durch Riesenausmaße und architektonische Wagnisse auszeichnen, funktionieren aber gut: Ihr Anteil am Einzelhandel wächst laut Consultingunternehmen RegioPlan kontinuierlich, 15 Prozent des gesamten Umsatzes werden derzeit in den Top 100-Zentren erwirtschaftet.

Auch die Fläche stieg im vergangenen Jahr ordentlich an: 100.000 Quadratmeter Verkaufsfläche in Shopping-Zentren mehr bedeutet ein Plus von sechs Prozent – so viel wie seit den 90er-Jahren nicht mehr. Mit Projekten wie dem Stadioncenter in Wien, Leoben City Shopping, der Rosenarkade in Tulln und Shopping Nord in Graz gab es zwar einige Neueröffnungen, generell lautet der Trend auf dem heimischen Markt aber: erweitern, revitalisieren, optimieren.

Am Bestand arbeiten

Ihr Scherflein zu dieser Optimierung tragen auch die internationalen Immobilieninvestoren, -entwickler und Shopping-Zentren-Spezialisten bei, die seit einigen Jahren verstärkt in Österreich aktiv sind. „Unternehmen wie Rodamco oder ECE, die Projekte erworben haben oder betreuen, wirken sich auf den Markt aus“, sagt Martin Strutz, Retail-Experte beim internationalen Makler CBRE. Sie haben nicht nur viel Erfahrung im Revitalisieren, sondern bringen auch neue Mieter ins Land.

Im Vergleich zur CEE- und SEE-Region, in der derzeit moderne Shopping-Zentren nur so aus dem Boden schießen, und Ländern wie China oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, wirken die heimischen Zentren trotz aller Optimierung noch „old fashioned“, wie es Strutz formuliert. Oder „bieder“, wie Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioPlan, gerne sagt. Richter, der für die Vorbereitung des Einkaufszentren-Symposiums am 8. Mai visionäre Projekte und „Rising Stars“ unter den Malls unter die Lupe nahm, stellt fest: „Spektakuläre Dinge passieren anderswo. Irgendwann einmal war die Shopping City Süd das größte Zentrum Europas – aber das ist lange vorbei.“ Wie soll es das Zentrum mit einer (laut RegioPlan) Verkaufsfläche von 125.000 Quadratmeter auch mit Mega-Projekten in China aufnehmen, die auf insgesamt 600.000 Quadratmetern klotzen statt kleckern? Oder mit der Dubai Mall, die ihre Einkäufer auf einer Million Quadratmetern unterhalten soll?

Dass riesige, künstliche Freizeit- und Shoppingoasen in Tempel- oder Pyramidenform hierzulande nicht gebaut werden, hat aber nicht unbedingt mit fehlendem Mut der Entwickler zu tun. Erstens gebe es in Österreich keinen Platz dafür, zweitens keine Notwendigkeit, sagt Richter. „Hier sind die Zentren vor allem darauf ausgelegt, den Bedarf zu decken. Bei den anderen Beispielen geht es darum, Entertainment zu bieten.“ In Österreich, aber auch in Deutschland oder in der Schweiz, in der eine ähnliche „Biederkeit“ vorherrscht, gebe es einfach genug natürliche und kulturelle Sehenswürdigkeiten und Freizeitmöglichkeiten. „Es lässt sich beobachten, dass spektakuläre Projekte gerade dort errichtet werden, wo es nicht viel rundherum gibt“, erläutert Richter seine Theorie.

Neue Flächen schaffen

Doch nicht nur in Dubai und in China wird fleißig an Shopping-Zentren gebaut, auch in den CEE-Ländern werden sie „wie im Zeitraffer“ errichtet, sagt Sabine Schober, Prokuristin der Beratungsgesellschaft Standort+Markt und Generalsekretärin des Austrian Council of Shopping Centers (ASCS). Da kaum Einkaufsflächen vorhanden waren, stürzten sich viele Investoren und Entwickler auf die Länder, bauen nun moderne, hochwertige Flächen in solcher Zahl, dass so mancher Experte daran zweifelt, ob es nicht zu Standortbereinigungen kommen wird. „Man verlässt sich auf die steigende Kaufkraft“, sagt etwa Strutz. In einigen Städten aber würden so viele Flächen realisiert, dass es eigentlich nicht für alle gut ausgehen könne.

INFO. Trends und Links

In Österreich werden Shopping-Zentren erweitert und optimiert, in anderen Ländern mit einer weniger langen Vergangenheit in diesem Bereich entstehen spektakuläre Bauten, die dem Einkäufer nicht nur zum Shoppen dienen, sondern ihn vor allem unterhalten sollen (etwa www.thedubaimall.com oder www.istanbulcevahir.com).

Allgemeine Infos:
www.icsc.org: International Council of Shopping Centres
www.acsc.at: Österreich-Ableger, der sich seit kurzem auch verstärkt um den CEE- und SEE–Bereich kümmert.
www.standort-markt.at
www.regioplan.eu (mit Infos zum Einkaufszentren-Symposium)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2008)

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