„Leafling“-Pads: Kompostbuchstaben

Grüne Worte. Auf handgeschöpftem Papier keimen die Buchstaben.
Grüne Worte. Auf handgeschöpftem Papier keimen die Buchstaben.(c) Beigestellt
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Es grünt so grün in der Typografie: Jetzt wachsen einem die Botschaften schon entgegen.

Tipp

Design für die Ewigkeit. Design für den Moment, alles schon gehabt. Design für ungefähr drei Wochen mit einer Keimzeit von ungefähr drei Tagen, das ist Julian Hagen, Grafikdesigner in Wien, eingefallen. Mit Betonung auf ungefähr. Denn alles muss er als Designer nicht kontrollieren und in der Hand haben, meint er. Gerade solche Projekte sucht er sich gern. Entwürfe, die sich verselbstständigen, die sich dem Einfluss des Designers entziehen.

Vordefinieren kann er bei den „Leaflings“ zumindest den symbolischen Gehalt, ob aus dem Papier ein N entsteht oder ein K. Der Rest wächst wie von selbst. Einmal buschig-dichter. Einmal schlanker, dünner. Man weiß ja nicht, ob alle Samen keimen.

Raps als Medium. Als würden geschriebene und gedruckte Buchstaben heute viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommen: Sie müssen dem Auge, dem Leser schon entgegenwachsen. Da keimte die Idee bei Hagen, die Schriftbilder sich tatsächlich in Richtung Sonne strecken zu lassen, wenn auch nur ein paar Zentimeter. Es ist junger Raps, der zum Medium wird. Feuchtigkeit und Lichtverhältnisse beeinflussen die Botschaft, ihren Ausdruck, ihre Lesbarkeit. Die Buchstaben mutieren allmählich von normal zu superfett.

Julian Hagen hat ein Faible für Typografie. Und für die Dinge, die fast wie von selbst wachsen, wenn man ihnen einen kleinen Anstoß gibt, ein paar Tropfen Wasser und Licht. „Ich habe ausgiebig verschiedenste Papiere und Samen ausprobiert“, erzählt Hagen. Schließlich hat er die richtige Unterlage für sein Experiment gefunden: Himalaja-Papier. Bei „Leafling“ werden Pflanzensamen in Form von Buchstaben und Zeichen in handgeschöpftes Papier, mit einer Grammatur zwischen 450 und 600 Gramm, aufgebracht. Werden die Papier-Pads befeuchtet, beginnt die Metamorphose. Die Schriftgärtner können zu Hause ihre kleinen Botschaften großziehen und pflegen, bis der natürliche Zyklus sie wieder einholt. Und sie auf dem Kompost landen.

Die Vergänglichkeit bei allem, was wächst, ist natürlich auch ein Thema. Und damit will sich Julian Hagen selbst als Schriftgärtner und -setzer auseinandersetzen. Für das alternative Gartenfestival Chelsea Fringe Vienna, das Ende Mai in Wien beginnt, bastelt er bereits an einer Installation. „Elemente, die wachsen. Das ist ein Gebiet, auf das ich mich auch als Designer hinbewegen möchte“, sagt Hagen.

Buchstaben, die wachsen. Seine grünen Botschaften kann man sich mit den „Leafling“-Pads zusammensetzen. www.leafling.at

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