Von Sprossen, Keimlingen und falschen Sojabohnen

Sprossenanlage
Sprossenanlage(c) Gery Wolf
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Sprossen können das ganze Jahr über daheim gezogen werden – mit Licht, Wasser, Luft und einem Gurkenglas.

Fragt man bei dem Sprossenexperten Gottfried Lagler nach, was es denn für das Selbstziehen von Sprossen braucht, meint er: geeignetes (also unbehandeltes) Saatgut, ein passendes Gefäß (oder einen Sprossenkultivator, wie er es nennt), Wasser, Luft, Bewegung – „und Liebe.“ Lagler hat sich für seine Sprossenzucht eine größere Anlage zugelegt (siehe Bild), immerhin produziert er pro Woche an die hundert Kilogramm Sprossen.

Für den Eigenbedarf daheim reicht aber ein einfacher Behälter mit einem Siebdeckel. „Da kommen eineinhalb Esslöffel Saatgut und ein Dreiviertelliter Wasser hinein. Das lässt man über Nacht stehen. Am nächsten Tag seiht man das Wasser unter Drehbewegungen ab“, erklärt Lagler. Die Sprossen, die sich bereits an den Rand des Behälters gesetzt haben, werden anschließend gewaschen. Ein Siebdeckel verhindert, dass dabei nichts verloren geht. „Bei Alfalfa macht man das fünf Tage lang. Man muss die Sprossen immer in der Früh und am Abend mit 2,5Litern Wasser mit einer Drehbewegung waschen. Dadurch werden sie gespült und gereinigt. Durch die Bewegung kommt genug Luft dazu, und die Sprossen werden grün.“ Danach die Hülsen der Sprossen entfernen (sie können aber auch mitgegessen werden), die Sprossen in eine mit einer Serviette oder Küchenrolle ausgelegten Glasschüssel oder Lebensmitteldose geben und im Kühlschrank lagern. „Sie bleiben dann mindestens 20 Tage frisch.“

Lagler rät naturgemäß zu professionellen Geräten – immerhin vertreibt er diese auch. Experimentiert werden kann aber eigentlich auch mit Gurkengläsern – wobei dabei darauf zu achten ist, dass die Sprossen genug Bewegung und Luft bekommen, da sie sonst schimmeln. Sprossen brauchen im Unterschied zu Keimpflanzen keine Erde, dafür werden sie im Ganzen – also mit Samen, Wurzeln und Keimblättern – gegessen. Die Keimpflanze hingegen wird in der Erde gezogen, abgeschnitten und ohne Wurzel verspeist. Die nächste Stufe wäre, wenn man so will, Babygemüse, also ganz junge Salate oder etwa Spinat.


Die falsche Sojasprosse. Die Sojasprosse, wie wir sie hierzulande kennen, hat übrigens nichts mit der Sojabohne zu tun. Vielmehr handelt es sich um Sprossen der Mungobohne. Im deutschsprachigen Raum hat sich aber die falsche Bezeichnung eingebürgert.

Nicht jede Pflanze eignet sich dazu, als Sprossengemüse verspeist zu werden. Die Sprossen der Alfalfa, bei uns als Luzerne (eine Kleeart) bekannt, gelten als besonders nährstoffreich. Auch Sprossen der Mungobohne, des Bockshornklees, verschiedener Getreidearten oder anderer Hülsenfrüchte sind bei Sprossenziehern beliebt. Die Amerikaner schwören derzeit auf (wiederentdeckte) Brokkolisprossen.

Buchtipp

»Sprossen. Das Kochbuch.« Gottfried Lagler und Hans Peter Fink. Fotografiert von Michael Rathmayer. Edition Styria, 176 Seiten, 22,90 €.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2014)

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