Netflix startet in Österreich ohne seine Flaggschiffe

Netflix-Start Ende 2014 in Deutschland, �sterreich und Scheiz geplant
Netflix-Start Ende 2014 in Deutschland, �sterreich und Scheiz geplant(c) Netflix (Netflix)
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Der Branchenerste unter den Online-Videotheken expandiert nach Europa. Die Rechte an selbst produzierten Serien wie „House of Cards“ liegen allerdings bei der Konkurrenz.

Es gibt da eine rührende Szene in der US-Serie „Orange is the New Black“: Die Hauptfigur, die sanfte, zarte Piper Chapman muss wegen einer Jugendsünde für 13 Monate ins Gefängnis. „Bitte sieh dir die neuen Folgen von ,Mad Men‘ nicht ohne mich an“, bittet sie ihren Verlobten. „Wenn ich rauskomme, schauen wir die ganze Staffel gemeinsam am Stück.“

„Orange is the New Black“ ist eines der Flaggschiffe der Online-Videothek Netflix, das andere heißt „House of Cards“. Die größte US-Online-Videothek expandiert nun endlich nach Europa, nach Österreich, Deutschland, Frankreich, Belgien, Luxemburg und in die Schweiz. Starten will man „noch heuer“, gab das Unternehmen am Montagabend auf Twitter bekannt. Über das genaue Datum hüllt sich Netflix in Schweigen.

Auch wenn Netflix dann kommt, heißt es warten. Denn die wertvollen exklusiven Erstausstrahlungsrechte für ihre eigenen hochgelobten und preisgekrönten Serien liegen beim Pay-TV-Sender Sky, der auch ein Konkurrenzangebot, die heuer gestartete Online-Videothek Snap betreibt, wo die Serien anschließend zu sehen sind. Wann Netflix seine Eigenproduktionen überhaupt zeigen darf, ist ungewiss, vermutlich erst Monate nach der US-Premiere. Eine Enttäuschung angesichts der vielen hohen Erwartungen, die hierzulande an Netflix gestellt werden. In den USA krempelte die 1997 als DVD-Versand gegründete Firma die Film- und Fernsehbranche um. Bei Netflix, so ist es in der Pressemeldung formuliert, „hat der Zuschauer das Sagen“. Das trifft zu.

Die Kunden bestimmen, wann, wo und in welcher Menge sie die angebotenen Filme und Serien ansehen. Mit dem Gebot der Verfügbarkeit war die Online-Videothek auch in den Eigenproduktionen konsequent: Die Video-on-Demand-Plattform veröffentlichte von „House of Cards“ und „Orange is the New Black“ ganze Staffeln auf einen Schlag, nicht nur einzelne Folgen.

48 Millionen Kunden weltweit

Inzwischen kommt Netflix auf mehr als 48 Millionen Abonnenten in 40 Ländern weltweit, in den USA hat das Unternehmen den florierenden Pay-TV-Sender HBO in der Kundenzahl überholt.

Die Konkurrenz im deutschsprachigen Raum ist stark: Flimmit etwa hat viele österreichische Produktionen wie „Braunschlag“ im Angebot. Hinter Lovefilm steht der Internetriese Amazon, der sich in den USA gerade die Rechte an (alten) HBO-Serien wie den „Sopranos“ gesichert hat. Apples iTunes profitiert von einfacher Bedienbarkeit, ist aber im Vergleich relativ teuer. Auch die Fernsehsender haben eigene TVtheken, die Öffentlich-Rechtlichen wie Privaten bieten Videos online an.

Gelassen reagierte der ORF auf die Ankündigung. „Generell gilt, dass ein Angebotszuwachs eher zu einer Ausdehnung der Nutzungszeit führt“, heißt es aus dem ORF. Aus Erfahrung mit der TVthek wisse man, dass Streamingdienste eher als Zusatzangebot konsumiert werden. Bei Sky freut man sich zwar über die Konkurrenz und hofft darauf, dass sich „die Vorteile von Pay-TV zeigen“, sagt CEO Brian Sullivan. Doch die Netflix-Expansion dürfte zu einem Preiskampf führen, um die Produktionen wie auch um die Kunden.

In der Presseerklärung von Netflix ist schon jetzt von „günstigen Monatspreisen“ die Rede. In den USA kostet ein Abo 8,99 Dollar, in Skandinavien 8,99 Euro. Kolportiert wird ein Start in Österreich und Deutschland im September, rechtzeitig zum Beginn des Weihnachtsgeschäfts, möglicherweise werbewirksam bei der Technikmesse IFA (Berlin, 5. bis 10. September). Bis dahin lässt Netflix vielleicht ein neues Flaggschiff auslaufen. Vielversprechend klingt „Sense8“, eine Serie entwickelt von den Regisseuren der „Matrix“-Trilogie, Lana und Andy Wachowski. Oder „Narcos“ über Drogenbaron Pablo Escobar. Vorerst heißt es warten. 13 Monate werden es wohl nicht werden. (her)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2014)

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