Klein, aber mein: Zur eigenen Wohnung, bitte!

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Wie junge Leute wohnen möchten. Und wie sie bald leben könnten. Aktuelle Trends und neue Pläne.

Wien. Sie folgen entweder dem Ruf der Uni oder jenem der Liebe, hin und wieder beidem. Ihr Weg führt sie fort aus dem elterlichen Haushalt, hinein in die erste eigene Wohnung.

Spätestens mit 24 Jahren hat ein Großteil der Österreicher bereits das Jugendzimmer geräumt, um innerhalb der eigenen vier Wände zu wohnen: Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage unter 650 Teilnehmern, die das Portal „Findmyhome.at“ zum Thema „Immobilien und Lebenszyklen“ durchführte. Das erklärte Ziel der meisten Erst-Suchenden: eine nette Wohnung, nicht zu groß, bitte günstig und zentral.

Aber auch, wenn viele von ihnen die Ansprüche an Größe, Ausstattung, Baujahr, Stockwerk zurückschrauben – ganz so einfach ist es nicht, die passenden vier Wände zu finden. Denn: „Trotz ausgeprägten Preisbewusstseins möchten viele innerhalb des Gürtels wohnen“, berichtet Bernd Hlawa, findmyhome.at-Geschäftsführer über ein weiteres Ergebnis der Umfrage. Mittendrin statt nur dabei, lautet also das Motto. Doch dieses lässt sich bei Mietpreisvorstellungen von rund 300 bis 500 Euro brutto für die erwünschten 60 Quadratmeter Wohnfläche nur allzu selten in die Tat umsetzen.

„Es gibt kaum Wohnungen, auf die diese Beschreibung passt“, sagt Hlawa. Also werden dann doch nicht selten an die 750 Euro brutto bezahlt, um in den beliebten Bezirken Wieden, Landstraße oder Neubau zu wohnen.

Es gilt also, Abstriche zu machen. Entweder, was die Größe, die Lage oder das Finanzielle betrifft. Doch muss das sein? In Zeiten, in denen ganze Wohnbauten Familien oder Radfahrern, Frauen oder Selbstständigen gewidmet werden?

Universitätsprofessorin Elsa Prochazka plädiert für mehr Wohnraum, der den Bedürfnissen junger Menschen angepasst ist. „Voraussetzung dafür ist, dass dieser günstiger wird“, sagt die Architektin. Zwei Wege stünden zur Wahl: „Entweder werden die Einheiten kleiner. Oder man überlegt, neue Wohnformen zu entwickeln.“ Die herkömmliche Familienwohnung einfach um 20 Prozent zu verkleinern, ist für sie keine adäquate Lösung. Was man brauche, seien andere Strukturen, schlauere Grundrisse, eine neue Herangehensweise an das Thema. „Bei jungen Menschen ist zum Beispiel Wohnen und Arbeiten, Privates und Berufliches enger verbunden als dies früher der Fall war.“ Das wirke sich nicht nur auf die Raumaufteilung aus, sondern auch auf die Gestaltung von Gemeinschaftsflächen bei möglichen Wohnprojekten. „Man braucht dann etwa größere Fahrradabstellräume. Oder regelrechte Waschsalons, am besten mit Kaffeemaschine, anstatt der dunklen Waschküchen“, nennt Prochazka Beispiele.

WGs und Proberäume

Und auch bei den Grünanlagen haben junge Menschen andere Bedürfnisse. „Ihnen sind große, gemeinschaftlich zu nutzende Dachterrassen oder Freiflächen lieber als der kleine, private Vorgarten direkt vor Tür“, erklärt die Architektin.

Bislang gab es im Wohnbau zaghafte Ansätze, auf diese speziellen Anforderungen einzugehen. Mit einem neuen Projekt auf dem Gelände des Nordbahnhofs versucht man nun in Wien, der Zielgruppe passende Wohnmöglichkeiten zu bieten. Auf sieben Bauplätzen entstehen im zweiten Bezirk bis zum Jahr 2011 Anlagen, die sich explizit auch an junge Erwachsene richten, die nach dem Auszug aus dem Elternhaus auf der Suche nach den eigenen vier Wänden sind. Nicht nur Studenten, sondern auch Personen in anderen Ausbildungen und Berufsanfänger – also Menschen mit meist geringem Einkommen – sollen dort adäquaten Wohnraum finden. Büros wie „synn Architekten“, Treberspurg & Partner oder BEHF planen Bauten mit 900 Wohnungen, Platz für Wohngemeinschaften und Studentenheime, vielen Frei- und sogar schallgedämmten Proberäumen (Vormerkungen sind etwa ab Mitte des kommenden Jahres unter www.wohnservice-wien.at möglich). Prochazka, Jury-Vorsitzende des Bauträger-Auswahlverfahrens beim Projekt, zeigt sich von den eingereichten Vorschlägen durchaus angetan. Nicht zuletzt, was die Kostengestaltung betrifft: „Auch bei den Finanzierungsmodellen agiert man ein wenig differenzierter“.

Und später mal ein Haus

Klingt nach ein wenig Entspannung für all jene, die sich künftig auf die Suche nach den ersten eigenen vier Wänden machen. Für eine Zeitlang zumindest. Denn wenn später Kinder kommen und der Wunsch nach dem Häuschen im Grünen drängender wird, heißt es erst recht wieder: Abstriche machen. „Viele suchen dann ein Einfamilienhaus, vorzugsweise am Rande Wiens“, berichtet Hlawa aus der Umfrage. Aber nicht selten wird es dann ein Haus außerhalb der Stadt. Oder eine Wohnung in der gewünschten Lage ...

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2008)

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