Dass Juan Carlos nun doch einsah, dass die Zeit über ihn hinweggegangen ist, nötigt Respekt ab.
„Könige treten nicht ab, sie sterben im Bett.“ Hätte sich Spaniens Monarch Juan Carlos ans eherne Prinzip seiner Vorfahren – und seiner von ihm entfremdeten Frau Sofía – gehalten, er hätte vermutlich den Rest seiner Reputation verspielt, die er sich als Galionsfigur für die junge spanische Demokratie erworben hatte. Außer ein wenig Mitleid und viel Hohn wäre wohl nicht viel geblieben.
Unvergessen, wie der junge König den Putschisten im Madrider Parlament 1981 in die Parade fuhr. Dass Spanien nach den bleiernen Jahrzehnten der Franco-Diktatur ökonomisch wie kulturell zu florieren begann, dass die verkrusteten Strukturen aufbrachen, das symbolisierte auch der populäre Bourbonenspross. Für einen zotigen Spruch wie einst gegen Venezuelas Hugo Chávez war Juan Carlos jederzeit gut. Lange genoss der leutselige Charmeur im Escorialpalast die Sympathien seines Volks, die Herzen der Frauen flogen ihm ohnedies zu – bis die bittere Finanzkrise dessen Kehrseite als Lebemann enthüllte.
Just als die Nation in wirtschaftliche Depression verfiel, verlor der passionierte Großwildjäger das Gespür für die Nöte der Spanier. Er humpelte auf Krücken – ein Sinnbild für den Zustand des Landes und der skandalgeschüttelten Monarchie. Juan Carlos vermochte sich und sein Land nicht mehr aufzurichten. Dass er nun doch einsah, dass die Zeit über ihn hinweggegangen ist, nötigt Respekt ab – und vielen Spaniern ein „Gracias“.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2014)