Im 39. Jahr seiner Amtszeit trat König Juan Carlos zurück. Der 76-Jährige ist gesundheitlich und politisch angeschlagen, sein Sohn Felipe soll ihm nachfolgen.
Der Bürgerkönig dankt ab
Es war sichtlich die schwerste Ansprache des Königs an sein Volk: „Ich habe entschieden, meine Regentschaft zu beenden und abzudanken“, sagte am Montag Juan Carlos im TV. Der 76-Jährige, der nach Hüft- und Knieoperationen am Stock geht, saß im grauen Anzug am Schreibtisch, mit feuchten Augen und unruhigen Händen, die er oft verschränkte, um sie nicht zittern zu lassen.
„Heute verdient eine jüngere Generation, in erster Reihe zu stehen und Reformen voranzubringen, die die Zeit erfordert“, nuschelte er. Sein Sohn Felipe (46) sei ein würdiger Erbe. Und: „Ich habe immer das Beste für Spanien gewollt.“ Dann folgte die Nationalhymne. Es war gegen 13 Uhr, Spaniens 46 Millionen Bürger hielten den Atem an, Radio- und Fernseher liefen überall. Die Nation war vorgewarnt, denn Regierungschef Mariano Rajoy hat die Bombe am Vormittag platzen lassen und mitgeteilt, dass ein Thronwechsel anstehe. Einen Zeitpunkt gibt es noch nicht.
Die goldenen Zeiten sind vorbei
Rajoy und Juan Carlos sagten, dass die Abdankung eine in „mehreren Monaten“ gereifte Entscheidung sei. Viele wollen das nicht recht glauben: „Ich werde mit der Krone auf dem Kopf sterben“, hatte der König einst angeblich gesagt. Und Königin Sofía wird mit den Worten zitiert: „Könige treten nicht ab, sondern sterben im Bett.“
Die goldenen Zeiten des einst so volksnahen Monarchen, der am 5. Jänner 1938 in Rom geboren worden war (sein Großvater war König Alfonso XIII., seit 1931 im Exil) und einst als „Bürgerkönig“ galt, sind indes lange vorbei. Nach 39 Jahren wackelte das Denkmal des Königs arg. Die meisten Spanier wollen, dass er geht. Seit Jahren hat er vor allem mit Spitalsaufenthalten und mutmaßlichen Affären Schlagzeilen gemacht. Das Bild eines Königs, der nur mit Krücke gehen konnte, schien symptomatisch für das wankende, ursprünglich in Frankreich wurzelnde Königshaus der Bourbonen.
Spätestens jener Luxusjagdausflug nach Botswana, bei dem er anno 2012 Elefanten schoss, wurde ihm zum Verhängnis, zumal er mit seiner „amiga“, der 30 Jahre jüngeren Deutschen Corinna zu Sayn-Wittgenstein, erwischt wurde. Und das auf dem Höhepunkt der Finanz- und Wirtschaftskrise mit Millionen Arbeitslosen und wachsender Armut. Die Empörung war so groß, dass er öffentlich Abbitte leistete. Die Ehe mit Sofía, einer griechischen Prinzessin, die er 1962 geheiratet hat, gilt sowieso als zerrüttet.
Unumstritten bleibt sein Verdienst in der Vergangenheit: Er hat Spanien von der Diktatur, die 1975 mit dem Tod General Francos endete, zur Demokratie gelotst. Nach über 40 Jahren hatte das Land wieder einen König, dem indes wenig zugetraut wurde, er galt als Ziehsohn Francos und war von ihm 1969 als Prinz zum Nachfolger bestimmt worden.
Allein gegen die Putschisten
Doch der junge König entpuppte sich nicht als Marionette. Die Älteren haben auch nicht vergessen, wie er im Februar 1981 einen Putschversuch rechter Militärs stoppte: Der König zog seine Generalsuniform an und forderte die Putschisten via TV auf aufzugeben. Das Militär gehorchte. Vor allem unter den jungen Spaniern steigt derweil die Zahl jener, die sich ein Land ohne König vorstellen können. Es gilt sogar als zweifelhaft, ob die Monarchie noch eine Mehrheit hinter sich hat.
In den Niederlanden und in Belgien haben die Nachfolger das Zepter bereits übernommen, in Skandinavien sind die Weichen längst gestellt. Nur in Großbritannien wartet der „ewige“ Thronfolger auf seine Stunde.
Der König informierte Spitzenpolitiker schon im März über seine Pläne. Sein Thronfolger Felipe habe "die Reife und das nötige Verantwortungsbewusstsein" für das Amt.
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