"Belgrad verhandelt nur, weil es die EU braucht"

Isa Mustafa
Isa Mustafa(c) EPA (VALDRIN XHEMAJ)
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Oppositionsführer Isa Mustafa, der die Demokratische Liga am Sonntag in die Wahl führt, bezweifelt die Bereitschaft der neuen serbischen Führung, eine Lösung in den Verhandlungen mit dem Kosovo zu finden.

Die Presse: Das Parlament im Kosovo hat beschlossen, dass sich ein eigener Gerichtshof mit den Verbrechen im Kosovo-Krieg Ende der 1990er-Jahre beschäftigen soll – unter anderem mit dem Vorwurf, Kämpfer der kosovo-albanischen Untergrundarmee, UÇK, hätten gefangenen Serben Organe entnommen. Dieser Gerichtshof war anfangs sehr umstritten.

Isa Mustafa: Ja, diese Entscheidung wurde aber schließlich auch von den Abgeordneten von unserer Demokratischen Liga für den Kosovo, LDK, unterstützt. Unsere Position war: Es muss ein für alle Mal geklärt werden, was es mit den Behauptungen im Bericht des damaligen Beauftragten des Europarats, Dick Martys, auf sich hat.

Marty hat die Organhandelsvorwürfe unterstrichen. Müsste dieser neue Gerichtshof jetzt nicht gegen führende Politiker des Kosovo ermitteln?

Das kann sein, dass dann gegen den einen oder anderen Politiker ermittelt wird. Zurzeit haben wir darüber aber keine konkreten Informationen.

Wie verlaufen aus Ihrer Sicht die Verhandlungen zwischen Belgrad und Prishtina?

Wir haben als erste Partei der Opposition diese Gespräche unterstützt. Alle Fragen sind durch Dialog zu lösen. Andererseits gibt es aber keine ausreichende Bereitschaft Belgrads, eine Lösung zu finden. Ein ähnliches Problem haben wir mit einigen serbischen Gemeinden im Nordkosovo. Für uns ist ein wichtiger Teil dieses Dialogs, dass die serbische Gemeinschaft im Kosovo stärker in unsere Gesellschaft integriert wird. Die Vertreter Belgrads sitzen nur bei den Gesprächen, weil sie den Integrationsprozess mit der EU brauchen.

Bei den Wahlen hat in Serbien die rechte Serbische Fortschrittspartei von Aleksandar Vučić gewonnen. Wird das die Gespräche mit Prishtina ändern?

Aleksandar Vučić und seine Partei haben jetzt einen größeren Einfluss auf die Geschehnisse. Nach den Wahlen hat die Partei gesagt, dass sie großes Interesse an der Fortführung der Gespräche hat und auch daran, das Ausverhandelte umzusetzen. Von unserer Seite wäre das willkommen, falls das wirklich eingehalten wird.

Der Parteigründer, Serbiens Präsident Tomislav Nikolić, hat im „Presse“-Interview gesagt, alle serbischen Kriegsverbrechen im Kosovo seien nicht so schlimm gewesen, wie das, was die Kosovo-Albaner während der Unruhen 2004 an nur einem Tag den Serben angetan hätten.

Das hat nichts mit der Realität zu tun. Die serbische Seite hat in den 1990er-Jahren einen Genozid im Kosovo verübt. 12.000 Menschen wurden umgebracht und 1800 werden vermisst. Eine Million Menschen wurde deportiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.06.2014)

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