Thaçis Kampf für "neue Mission"

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Der Premier zieht im Wahlkampf alle Register. Er liegt in Umfragen voran. Doch viele noch Unentschlossene könnten beim Urnengang am Sonntag für die Opposition stimmen.

Prishtina. Der Wahlkämpfer mit dem Dauerlächeln verliert auch in der Provinz keine Zeit. Eine Ehrengarde mit den Parteibannern steht vor dem Kulturhaus in Han i Elezit Spalier. Doch mit pflichtschuldigem Händeschütteln hält sich Hashim Thaçi bei seinem Abstecher in die Gemeinde an der mazedonischen Grenze erst gar nicht lange auf. „Ich habe eine gute Nachricht für euch und ganz Kosovo“, verkündet der Premier: „Die Regierung hat den Bau der neuen Autobahn von Prishtina nach Mazedonien beschlossen.“

Die Wahlkampfbotschaft der „neuen Mission“ prangt auf Plakaten und den blauen Armbändchen der Anhänger der regierenden Demokratischen Partei des Kosovo (PDK). Eine dritte Amtszeit strebt der einstige politische Chef der Untergrundarmee UÇK bei den vorgezogenen Parlamentswahlen am Sonntag an. Und für das hehre Ziel schüttelt der 46-jährige Thaçi auch in der 10.000 Seelen zählenden Provinzstadt ein ganzes Arsenal vollmundiger Wahlkampfversprechen aus den karierten Hemdsärmeln: Von satten Gehaltserhöhungen über neue Autobahnen und Zugstrecken bis hin zu milliardenschweren Beschäftigungsprogrammen zur Schaffung von 200.000 Jobs reicht das Potpourri der vom Premier gelobten Segnungen für den bitterarmen Balkanstaat.

Amtsverlängerung ist noch unsicher

Einen Monat vor der Ausrufung der Unabhängigkeit 2008 übernahm Thaçi die Regierungsgeschäfte – und teilt seither im Kosovo die Karten aus. Auch dieses Mal geht der wandlungsfähige Platzhirsch zwar als Favorit ins Wahlrennen. Doch seine Amtsverlängerung gilt keineswegs als ausgemacht. Zwar liegt seine PDK in Umfragen knapp vor dem wichtigsten Rivalen, der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) von Oppositionschef Isa Mustafa. Doch der Anteil der noch unentschlossenen Wähler ist hoch – und die Unwägbarkeiten sind groß.

In langen Zahlenkolonnen malt Leon Malazogu in seinem Büro in Prishtina die mögliche Verteilung von Parlamentssitzen an die Tafel. Von der „spannendsten Wahl“ in der Geschichte des Kosovo spricht der Direktor des D4D-Instituts. „Es ist das erste Mal, das wir keine Idee haben, was passieren wird.“ Die Stimmen der unentschlossenen Wähler dürften eher den Oppositionsparteien zufallen: „LDK und PDK könnten nahezu gleichauf liegen.“ Die Chance Thaçis, der seiner Partei mit dem Rauswurf der korruptesten Würdenträger ein Facelifting verpasst habe, auf ein neues Regierungsmandat beziffert Malazogu auf „fast 50 Prozent“. „Doch viele Parteien schließen bisher eine Koalition mit Thaçi rigoros aus.“

Albaner-Flaggen bei Großkundgebung

Auf der Bühne der Bill-Clinton-Sporthalle in Ferizaj flattern die roten Banner mit dem schwarzen Albaner-Adler. Alle stehen auf, als zum Auftakt der Kundgebung der Vetevendosje (Selbstbestimmung) die albanische Nationalhymne ertönt. „Wir sind eine Mitte-links-, keine nationalistische Partei“, sagt Parteisprecher Erzen Vraniqui. Von dem „langfristigen Ziel“ einer Vereinigung aller Albaner in einem Staat sei Vetevendosje zwar nicht abgerückt, doch im Wahlkampf stünden vor allem der Kampf gegen die Korruption und soziale Themen im Zentrum.

Noch schließt LDK-Chef Mustafa ein Regierungsbündnis mit Thaçi aus, er scheint eine Koalition mit Vetevendosje und einem weiteren Juniorpartner zu favorisieren. Doch sollten außer den drei Großparteien und den Vertretern der ethnischen Minderheiten alle kleineren Formationen den Sprung ins Parlament schaffen, wäre eine Große Koalition für eine stabile Mehrheit unumgänglich.

Obwohl die Wahllisten merkwürdigerweise wieder fast genauso viele Wahlberechtigte wie Einwohner aufweisen, glaubt der Analyst Malazogu, dass der Urnengang weit weniger von Manipulationsvorwürfen überschattet sein dürfte als die letzte Skandalwahl 2010: „Die PDK wird das Wahlergebnis dieses Mal nicht mehr verfälschen können. Dafür sind die anderen nun zu stark – und dafür steht einfach zu viel auf dem Spiel.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2014)

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