AUA-Streit: Belegschafts-Sieg nicht fix

BETRIEBSVERSAMMLUNG DES AUA BORDPERSONALS
BETRIEBSVERSAMMLUNG DES AUA BORDPERSONALS(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Der Bord-Kollektivvertrag der AUA wirkt trotz Aufkündigung nach, erklärte der EuGH-Generalanwalt. Ein Fiasko für die AUA-Sanierung? Nicht unbedingt.

Wien. Der teure Bord-Kollektivvertrag der AUA, den der Vorstand der Fluglinie vor rund zwei Jahren kündigte, wirkt nach. Er gilt also grundsätzlich weiter, solange kein neuer Kollektivvertrag (KV) abgeschlossen ist oder mit den betroffenen Arbeitnehmern nicht neue Einzelvereinbarungen abgeschlossen wurden. Diese Rechtsansicht vertritt der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), Cruz Villalón, in seinem Schlussantrag im Rechtsstreit zwischen AUA und Gewerkschaft („Die Presse“ berichtete).

Villalón bezieht sich dabei auf das Arbeitsverfassungsgesetz, das eine solche Nachwirkung vorsieht. So gesehen, kommt sein Schlussantrag nicht allzu überraschend – er bestätigt lediglich, dass die österreichische Regelung europarechtskonform und der nachwirkende KV eine kollektive Rechtsquelle im Sinne der EU-Richtlinie ist.

Wirkt Tyrolean-KV auch nach?

Trotzdem schlug der Schlussantrag medial hohe Wellen. Denn folgt das Gericht dieser Rechtsansicht – was wahrscheinlich ist – könnte das im Extremfall die Sanierung der angeschlagenen Fluglinie scheitern lassen. Dann würde nämlich nichts aus dem Plan, durch einen Übergang des Flugbetriebs auf die Regionaltochter Tyrolean die Personalkosten zu senken. Wobei Insidern zufolge nicht die Lohnkosten das Hauptproblem sind, sondern Anwartschaften auf hohe Abfertigungen und Betriebspensionen. Die Rückstellungen dafür könnten die AUA in den Ruin treiben, wird befürchtet.

AUA-Anwältin Katharina Körber-Risak sieht das allerdings weit weniger düster. Sie weist im Gespräch mit der „Presse“ auf ein Detail hin, das in den ersten Diskussionen über den Schlussantrag wenig beachtet wurde: Es gibt ja auch noch den – ebenfalls aufgekündigten – Tyrolean-KV. Das österreichische Höchstgericht stellte dem EuGH auch dazu eine Frage, die auf Folgendes hinausläuft: Wenn die Nachwirkung eines aufgekündigten KV dadurch beendet wird, dass ein neuer in Kraft tritt – kann es sich bei diesem „neuen“ KV dann auch um den ebenfalls aufgekündigten des Erwerberunternehmens handeln? Denn dieser zweite KV müsste dann ja genauso nachwirken.

Zu dieser zweiten Frage äußerte sich Villalón nur lapidar: Sie brauche nicht separat beantwortet zu werden. Sollte der EuGH ebenfalls nicht mehr dazu sagen, wäre der Ball wieder beim OGH.

Körber-Risak meint, besagte zweite Frage sei wohl mit ja zu beantworten. Wegen des Betriebsübergangs würde also trotz allem der Tyrolean-KV für die ehemaligen AUA-Mitarbeiter wirksam. Wären beide KV ungekündigt aufrecht, wäre es nämlich genauso: Für die Belegschaft, die im Zuge eines Betriebsübergangs ihren Arbeitgeber wechselt, wäre künftig der KV des Erwerberbetriebs wirksam (auch wenn es durch den Übergang zumindest ein Jahr lang keine Verschlechterungen geben darf). Bei zwei gekündigten, aber noch nachwirkenden KV müsste das ebenfalls zutreffen, meint die Anwältin. Offen ist, ob der OGH das letztlich auch so auslegen wird.

Kernfrage: Betriebsübergang

Wenn ja, könnte der Plan des AUA-Vorstands doch noch aufgehen. Aber nur, wenn die Gerichte gleichzeitig auch den Betriebsübergang selbst für rechtens erklären. Das diesbezügliche Verfahren liegt derzeit auf Eis, es wurde bis zur EuGH-Entscheidung über die KV-Nachwirkung unterbrochen. In erster Instanz entschied das Arbeits- und Sozialgericht hier gegen den Standpunkt der AUA: Der Übergang des Flugbetriebs auf die Tyrolean sei nicht rechtens.

Sollte es dabei bleiben, käme der Tyrolean-KV gar nicht mehr ins Spiel, die Nachwirkung des AUA-KV würde dann jedenfalls greifen (sofern der EuGH entscheidet, wie vom Generalanwalt vorgeschlagen). Das wäre dann wirklich ein Sieg für die Belegschaftsvertreter – und der Worstcase für den AUA-Vorstand.

Vorerst heißt es jedoch abwarten. Das EuGH-Urteil ist frühestens im Herbst zu erwarten, dann sind wieder die österreichischen Gerichte am Zug. Eine Möglichkeit für eine rasche Lösung gibt es aber: dass AUA-Vorstand und Gewerkschaft rasch einen neuen KV aushandeln. Damit würde der ganze Rechtsstreit obsolet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

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