Der britische Humor hat etwas Eigenes.
Das sollten sich diese Woche die Staats- und Regierungschefs der EU bewusst machen. Für den EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag droht Großbritanniens Premierminister David Cameron nämlich mit einer offenen Abstimmung über Jean-Claude Juncker, die er nach derzeitigem Stand deutlich verlieren wird. Das ist, als drohe England damit, nach dem Schicksalsspiel gegen Uruguay nicht mehr ins WM-Achtelfinale einzuziehen.
Offensichtlich will Cameron erneut die Demokratie als Druckmittel nutzen, wie er es bereits regelmäßig mit seinem angekündigten Referendum zum Verbleib in der EU getan hat. Er möchte mit der Ankündigung von Abstimmungen das Gegenteil von dem erreichen, was deren prognostizierter Ausgang ist. Humor oder eher riskantes Spiel? Der britische Premier will glaubhaft nicht den Austritt aus der EU, dennoch wirbt er daheim für eine Volksabstimmung, die gegen die Mitgliedschaft ausgehen dürfte. Jetzt will er Juncker als Kommissionspräsidenten verhindern, drängt aber zum Voting.
Heiter ist, dass Cameron diesmal die EU sogar stärken könnte. Denn es wäre für die Gemeinschaft weit besser, wenn der eine oder andere Regierungschef bei der Juncker-Wahl überstimmt wird, als dass der Basar personeller und politischer Gegengeschäfte wieder eröffnet würde. Nur: Will der Brite das wirklich?
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2014)