Großzügige EU-Beamtengehälter werden gekürzt

Brüssel beschäftigt 46.000 Beamte, 32.600 davon in der Kommission. Die Aufnahmebedingungen für einen Job in den Institutionen sind hoch; besonders wichtig aber ist die Fähigkeit zur Arbeit im interkulturellen Umfeld.

Wien/Brüssel. Eines gleich vorweg: Im Vergleich zur Stadt Wien ist die Verwaltung der Europäischen Union verschwindend klein. Während für die österreichische Hauptstadt allein 70.000 Beamte im Einsatz sind, sind es in Brüssel, zuständig für 500 Millionen EU-Bürger, „lediglich“ 46.000 – davon arbeiten ca. 32.600 in der Kommission.

Dennoch haben Vertreter von EU-Staaten, Parlament und Kommission vor einem Jahr ein Sparpaket für den Beamtenstab der Institutionen beschlossen, das bis zum Jahr 2020 rund 2,7 Milliarden Euro einbringen soll. So werden Gehälter und Pensionen für zwei Jahre eingefroren, die Wochenarbeitszeit steigt von 37,5 auf 40 Stunden, und das Pensionsalter wird von 63 auf 65 Jahre erhöht (Neueinsteiger: 66 Jahre). Urlaubstage und Zulagen sinken.

Die als üppig geltenden Bezüge des Brüsseler Beamtenstabs haben in den vergangenen Jahren immer wieder für Streit gesorgt. Als die EU-Staaten in der Debatte um den Finanzrahmen 2014–2020 drastische Einsparungen bei den Gehältern gefordert hatten, traten die Beschäftigten in den Streik. Der Bund der Steuerzahler in Deutschland wiederum kritisierte die „luxuriöse EU-Personalpolitik“ und die „üppigen steuerfreien Privilegien“.

Einstiegsgehalt 2654 Euro

Das Einstiegsgehalt eines EU-Beamten liegt bei mindestens 2654 Euro brutto monatlich und endet in der obersten Hierarchie bei 18.370 Euro brutto. Darüber stehen noch die Kommissare mit gut 20.000 Euro brutto. Der Präsident der Brüsseler Behörde erhält einschließlich Residenzzulage und Aufwandsentschädigung über 30.000 Euro brutto. Insgesamt gibt die EU laut Angaben der Kommission 4,5 Prozent ihres Haushalts für die Verwaltung aus.

Wer es als Beamter nach Brüssel schafft, muss allerdings hohe Qualifikationen mitbringen: Das mehrstufige Aufnahmeverfahren der EU-Institutionen umfasst Verständnis- und Wissenstests in mindestens zwei Sprachen sowie ein Assessment Center und mehrere praktische Übungen (siehe auch Artikel links).

Die Arbeit bei den Institutionen in Brüssel, Straßburg oder Luxemburg bringt freilich auch einen Wohnortwechsel und damit hohe Erwartungen an Flexibilität mit sich: Zahlreiche Beamte pendeln Woche für Woche in ihr Heimatland, um ihre Familie zu besuchen, andere haben ihren Hauptwohnsitz ohnehin in die europäische Hauptstadt verlagert, um die Reisetätigkeit so gut wie möglich einzuschränken. Kein Wunder, dass die meisten Kommissionsbeamten Belgier sind (17,6 Prozent), gefolgt von Italienern (11,1 Prozent) und Franzosen (9,9 Prozent). Aus Österreich kommen 1,5 Prozent der Mitarbeiter in der Brüsseler Behörde.

Offenheit und Toleranz gefragt

Die vielleicht wichtigsten Anforderungen für einen EU-Job aber sind Offenheit und Toleranz für die Besonderheiten von Kollegen aus anderen Nationen, die in puncto Zeitabläufe oder Genauigkeit möglicherweise andere Maßstäbe anlegen als man selbst. (aga/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2014)

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