Rote Teufel sind erwacht

FUSSBALL - FIFA WM 2014, BEL vs SUI
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Bis auf die Chancenverwertung wurde Belgien gegen die USA erstmals den Vorschusslorbeeren gerecht. Nun wartet Argentinien.

Salvador/Sao Paulo. Zufrieden nahm Marc Wilmots bei der Pressekonferenz auf dem Podium Platz. Die Genugtuung konnte Belgiens Teamchef nach dem 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen die USA nicht verbergen. „Wir haben heute ein nervenaufreibendes Spiel gesehen. Wir hatten so viele Chancen und haben das Geschehen bestimmt“, sagte der 45-Jährige, „und allen Kritikern, die in den vergangenen Tagen geschrieben haben, wir könnten keinen Fußball spielen, möchte ich entgegnen: Das hier war Fußball.“

Als Geheimfavorit waren die Belgier ins Turnier gestartet, in den drei Gruppenspielen gegen Algerien, Russland und Südkorea vermochten sie trotz dreier Siege jedoch nicht zu überzeugen. Erst zum Auftakt der K.-o.-Phase präsentierte sich Wilmots' Elf so dynamisch und offensiv orientiert, wie man es im Vorfeld erwartet hatte. Vor allem Jungstar Divock Origi, 19, der nach drei Joker-Einsätzen erstmals in der Startelf stand, erwies sich gegen die USA als ständiger Unruheherd. Insgesamt 30 Torschüsse verbuchten die Belgier, scheiterten aber lange Zeit entweder an US-Keeper Tim Howard oder der eigenen Zielsicherheit. „Zwei Worte? Tim Howard. Respekt“, twitterte Belgiens Kapitän und Abwehrchef Vincent Kompany nach der Partie. Erst in der Verlängerung durchbrachen Kevin de Bruyne (92.) und Romelu Lukaku (104.) den Bann und sorgten für die vermeintliche Erlösung, ehe es nach dem Anschlusstreffer von Julian Green (107.) doch noch einmal spannend wurde. In der hektischen Schlussphase war der zweitjüngsten Mannschaft des Turniers die fehlende Routine anzumerken, sie wackelte gewaltig, brachte den Erfolg aber über die Zeit.

Drittes Duell mit Argentinien

Die hoch gelobte Generation der Roten Teufel hat damit erstmals seit 1986 wieder das Viertelfinale erreicht und trifft am Samstag (18 Uhr) in Brasilia zum dritten Mal in der WM-Geschichte auf Argentinien, das sich ebenfalls in 120 Minuten gegen die Schweiz mit 1:0 durchgesetzt hat. Damit ergibt sich die Chance zur späten Revanche, denn 1986 in Mexiko stiegen die Südamerikaner im Halbfinale dank zweier Tore von Diego Maradona auf und wurden später Weltmeister. Vier Jahre zuvor hatten sich Belgier im Eröffnungsspiel der Endrunde in Spanien knapp mit 1:0 durchgesetzt. „Wir haben vier Tage, um uns zu erholen, und außerdem eine starke Ersatzbank“, gab sich Wilmots optimistisch. Sein Team sieht er dennoch in der Außenseiterrolle. „Aber bei einem können Sie sicher sein: Wir werden nicht ,Messi-Schauen‘ spielen.“

Dass bei Argentinien sehr viel, aber eben nicht alles an Lionel Messi hängt, zeigte sich gegen die Schweiz. Angel di Maria war bei einem erneut enttäuschenden Auftritt nicht nur der auffälligste Spieler, sondern erzielte auch das Goldtor (118.). „Nicht ich, alle 23 Spieler und der gesamte Betreuerstab sind die Helden“, blieb der Profi von Real Madrid bescheiden. „Wir hatten das Glück auf unserer Seite“, gestand Teamkollege Messi. Ein kluger Pass, der Rest war eher Schweigen. Di Maria sieht nun dennoch vieles positiv: „Wir haben unsere Seele auf dem Platz gelassen, alles gegeben. Wir müssen jetzt so weitermachen und bereit sein, unser Leben auf dem Platz zu geben.“ (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2014)

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