Kapstadt und Ostkap: Quicklebendig, entspannt, keinesfalls schüchtern

SOUTH AFRICA CAPE TOWN
SOUTH AFRICA CAPE TOWN(c) EPA (Kim Ludbrook)
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Tanzen mit bewegungsfreudigen Südafrikanern, tiefenentspannen im Game Reserve oder Weißen Haien beim Robbenfuttern zuschauen.

Wer ein Gefühl für Südafrika bekommen will, muss an einem Sonntagnachmittag unbedingt zur Victoria & Albert Waterfront in Kapstadt pilgern. In dem restaurierten und renovierten alten Hafen- und Werftgebiet, das 2006 von einem britisch-arabischen Konsortium erworben worden war und mit zahlreichen Lokalen und Geschäften klug und attraktiv entwickelt wurde, trifft sich sonntags die halbe Stadt – besonders gern in der Ferrymans Tavern, wo heimische Bands im Gastgarten aufspielen, in unserem Fall Masala, eine fünfköpfige Truppe, die Jazz und Blues mit afrikanischen Rhythmen mixt.
Man sitzt bei einem kühlen Castle-Lager-Bier auf einer der Holzbänke und hört entspannt zu. Als Europäer. Als Südafrikaner trinkt man zwar auch ein Castle-Lager – das allerdings warm wird. Weil: Kein Südafrikaner sitzt einfach nur da und hört zu. Die Südafrikaner singen laut mit, klatschen, springen auf die Beine, um zu tanzen oder was immer – alles andere jedenfalls, als nur langweilig dazusitzen.
„Come on, move!“ ruft die wohlbeleibte Afrikanerin, die nicht verstehen kann, wie man bei so einer Musik ruhig auf einer Bank hocken kann, und gibt sich erst zufrieden, als man mit ihr durch den Garten schwingt. Offenbar hat die Lady noch nie etwas von peinlichen YouTube-Videos gehört.
Und genauso ist Südafrika: quicklebendig, ausgelassen, tiefenentspannt und das gerade Gegenteil von schüchtern. Man erlebt es überall: aufgeschlossene, hilfreiche, freundliche, rücksichtsvolle, sehr lockere Leute – jeden zweiten Satz beenden sie mit einem fragend-bestätigendem „eh?“.
„Good, eh?“, meint Gamidah, die in einer kleinen Küche in Bo-Kaap steht. Der Stadtteil von Kapstadt, das ehemalige Malaien-Viertel, ist bekannt für seine bunten Häuser: jedes in einer anderen Farbe, jedes klein und jedes mittlerweile enorm teuer, weil reiche Ausländer den Charme des Viertels entdeckt haben. Bald werden sich die Einheimischen diese Gegend nicht mehr leisten können.
Gamidah lebt seit vielen Jahren hier und bietet in ihrer Wohnung private Kochkurse an (zu buchen über lekkakombuis.co.za). Und wer nicht kochen will, kann auch einfach nur essen kommen. Die 35-Jährige gibt einem das Gefühl, Teil der Familie zu sein – inklusive Sohn, der ermahnt werden muss, den Fernseher im Nebenzimmer etwas leiser zu stellen.
Auch in den Lodges rund um das pittoreske Port Elizabeth fühlt man sich schnell heimisch, weil sie klein gehalten und intim sind. Im Pumba Private Game Reserve etwa, einem 70 Quadratkilometer großen Wildtierreservat. Besitzer Trevor Lombard und Dale Howarth bieten ganz besondere Tiere an: weiße Löwen. Es sind keine Albinos, sondern eine genetische Besonderheit, die hier auch gezüchtet und weiterverkauft werden.

Wohin man sonst noch muss


Bei den morgendlichen und abendlichen Fahrten mit einem Ranger sind neben den Löwen- auch Zebra-, Elefanten-, Büffel- und Nashorn-Sichtungen garantiert. Geparden und Leoparden soll es auch geben, nur sieht man sie selten. Apropos Nashörner: Pumba hatte einst acht. Vor einigen Monaten erlegten Wilderer, die Teil einer südasiatischen Mafiaorganisation sein sollen, drei Stück. Die Hörner der Tiere bringen in China und Vietnam bis zu 100.000 Dollar pro Kilogramm.
Von Pumba aus ist man schnell auf der N2, der Highway Number 1 Südafrikas. Wie an der Westküste der USA ist die Garden Route in Südafrika eine Ansammlung malerischer Buchten, atemberaubender Landschaften und liebenswerter Dörfer, wie etwa Jeffreys Bay. Auf der Route werden etliche Aktivitäten angeboten, von Flying Foxes zwischen Bäumen über Raftingtouren bis zum welthöchsten Bungee-Jump (210 Meter) von der Bloukraans-Brücke. Zum Übernachten fährt man am besten nach Knysna, dort haben Investoren aus einem ehemaligen Elektrizitätswerk das charmante Turbine Hotel gemacht.
Wer nach der Tour Erholung braucht, findet sie im Grootbos Private Nature Reserve in Gansbaai. Die Lodge bietet keine Tiere, nur Natur, Pools und vor allem Ruhe. Brad Pitt und Angelina Jolie fanden sie hier, auch Madonna übernachtete schon in einer der luxuriösen Hütten. Von Grootbos aus kann man aber auch den Adrenalinkick schlechthin erleben: In der Rezeption bucht man einen Trip nach Dyer Island und Geyser Rock, wo etwa 50.000 Robben leben. Die wiederum sind die Lieblingsnahrung von Weißen Haien, deshalb gibt es nirgendwo auf der Welt mehr Weiße Haie als hier. Ein ziemlich unvergesslicher Tauchgang mit fünf Meter langen Haien kostet etwa 100 Euro.
Zurück in Kapstadt (empfehlenswertes Hotel ist dort das Table Bay im Hafenviertel) noch eine Anmerkung: Natürlich muss man auf den Tafelberg, wenn man Glück hat, sieht man sogar etwas. Natürlich muss man über die spektakuläre Küstenstraße Chapman Peak Drive zum Kap der Guten Hoffnung fahren (Fahrzeit etwa eineinhalb Stunden). Und natürlich muss man bei Boulders Beach für die Pinguinkolonie stehen bleiben. Aber auf jeden Fall muss man an einem Sonntagnachmittag in die Ferrymans Tavern. Nachdem man zu Hause in einem abgeschlossenen Raum tanzen geübt hat.

Info: Die Kosten der Reise trugen Südafrika Tourismus und Edelweiß Air. southafrica.net, edelweissair.ch

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