Wiener Stadien: „Nicht nur Ruinen“

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Sandra Hofmann – Leiterin der neuen Wiener Sportstätten Betriebs Gmbh– über marode Stadien, das Stadthallenbad, und warum eine Multifunkionshalle nicht alle Probleme löst.

Die Presse: Frau Hofmann, erinnern Sie sich an die Handball-EM 2010? Ein „Presse“-Artikel, der Probleme bei der Stadthallenbadsanierung aufgezeigt hat, hat Sie erbost. Vier Jahre später sperrt das Bad nun auf...

Sandra Hofmann: Ich habe das Stadthallenbad am 1. Februar 2012 als Geschäftsführerin übernommen. Davor war ich in der MA51, sie hatte aber lediglich die Funktion des Bezahlers. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich beschwert hätte.

Sind die Probleme mit der Öffnung des Bades nun vom Tisch?

Wir haben einen Probebetrieb, weil vieles erst im Echtbetrieb getestet werden kann. Zu sagen, ich habe einen lupenreinen Betrieb, das geht nicht.

Die Wiener Sportstätten Betriebs GmbH, die Stadion- und Stadthallenbad, Dusika- sowie Happel-Stadion verwaltet, wurde gegründet, als das Stadthallenbad noch nicht dicht war. Ihr neuer Job gleicht einer Beförderung – wie schafft man so etwas?

Ich glaube, dass ich durch die Euro 2008 und andere Projekte in Wien bewiesen habe, dass ich Dinge lösen kann, auch wenn sie unangenehm sind. Mit meinem Team – ohne das wäre ich gar nichts.

Aber was ist überhaupt der Sinn dieser Gesellschaft?

Ich glaube, dass der Sportstättenbau eine spezifische Herausforderung ist. Das zieht sich von der Wassertechnik im Bad über Rasenpflege bis zu Ammoniakanlagen bei Eislaufflächen. Ich finde es eine gute Entscheidung, zu sagen, da will man Kompetenz bündeln und Experten ausbilden.

Werden nur deshalb in Wien neue Sportstätten gebaut?

Diese Entscheidung obliegt dem zuständigen Stadtrat. Ich denke, dass Christian Oxonitsch gute Ideen hat, aber wie viele scheitert auch er oft an der Finanzierung.

Viele Sportstätten in Wien sind in die Jahre gekommen. Warum reißt man sie nicht ab und stellt eine Multifunktionshalle hin?

Man muss zwei Dinge auseinanderhalten. Die viel diskutierte Multifunktionshalle kann nur eine reine Veranstaltungshalle sein. Damit schaffen Sie den Trainingsbetrieb nicht. Sie brauchen die Trainingszeiten, von sechs bis 23 Uhr. Training, Wettkampf und Veranstaltungen vertragen sich nicht.

Ein Champions-League-Finale wird Wien nie wieder erleben.

Die Frage ist, ob man sich bewirbt, und wie viel Geld man hineinstecken will. Die infrastrukturellen Rahmenbedingungen haben wir. Aber das Happel-Stadion steht unter Denkmalschutz – sie können daraus kein Allianz-Stadion machen (das Hanappi-Stadion wird abgerissen und neu gebaut, Anm.).

Denkmalschutz: Viele Sportstätten sehen tatsächlich so aus...

Er ist ein Problem, wenn man versucht, neue Impulse zu setzen, ja. Aber wenn Sie sagen, wir haben nur Ruinen in Wien, dann trage ich das so nicht mit. Wir haben 3,5Millionen Quadratmeter an Sportflächen und viel investiert.

Zurück zu ihrem Job. Was haben Sie mit der Firma vor?

Wir haben sehr viel mit dem Stadthallenbad geschafft, auch wenn das niemand mehr hören kann. Jetzt müssen wir schauen, welche Aufgaben man uns übergibt. Das wird eine Entscheidung der Wiener Sportpolitiker sein.

Viele Firmen sind an der Stadthallenbadsanierung beteiligt, mit allen konnte man sich einigen. Nur mit dem Generalplaner wird prozessiert. Warum?

Er hat uns geklagt.

Noch einmal, warum?

Wir hätten das Projekt genauso fertiggestellt, wie wir das mit den anderen Firmen in diesem Sanierungsfall machen: mit einer wechselseitigen Gegenüberstellung der Forderungen am Schluss. Dass trotzdem ein Rechtsstreit herausgekommen wäre, kann ich nicht ausschließen. Aber er ist in die Offensive gegangen. Wir haben den Krieg nicht angefangen. Normalerweise macht jeder seine Hausaufgaben, und dann klären wir das mit den Versicherungen ab.

Das Stadthallenbad klagt den Generalplaner – im Gegenzug – auch wegen des entgangenen volkswirtschaftlichen Nutzens: einer Summe von 256 Mio. Euro.

Es ist darum gegangen, Unterschiede aufzuzeigen. Ein Bad, das es nicht gibt, ist betriebswirtschaftlich das Günstigste und volkswirtschaftlich das Schlechteste. Es gibt kein Bad, das kostendeckend geführt werden kann. Also wird die öffentliche Hand immer dazuzahlen. Wenn ich ein Bad habe, das zugesperrt ist, habe ich betriebswirtschaftlich ein Minus und auch volkswirtschaftlich ein Minus. Das ist also die schlechteste Situation.

Der Prozess wird wohl Jahre dauern, die Kosten für Anwälte etc. trägt der Steuerzahler. Einen Vergleich schließen Sie aus?

Solange sich der Generalplaner nicht dazu bereit erklärt, sich mit uns und seiner Versicherung an einen Tisch zu setzen, wird es schwierig. Wenn es einen vernünftigen Kompromiss gibt, wäre ich schlecht beraten, aus reinem Prinzip Steuergeld so zu verwenden. Das ist nicht mein Zugang.

ZUR PERSON

Sandra Hofmann ist seit 2013 als Leiterin der Wiener Sportstätten Betriebs Gmbh für das Stadion- und das Stadthallenbad, das Ernst-Happel- und das Dusika-Stadion zuständig. Hofmann war davor Leiterin der MA51 (Sportamt) und Geschäftsführerin der Stadthalle. Sie war maßgeblich an der Sanierung des Stadthallenbads beteiligt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2014)

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