Atomgespräche - Kerry: "20. Juli ist noch aktuell"

US-Außenminister John Kerry trat in Wien vor die Presse.
US-Außenminister John Kerry trat in Wien vor die Presse.(c) APA/EPA/HANS PUNZ
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"Es ist noch viel Arbeit zu tun", sagte der US-Außenministerin Wien. Sein irakischer Amtskollege tendiert zu längeren Gesprächen.

US-Außenminister John Kerry hält eine Einigung in den Atomgesprächen mit dem Iran bis Sonntag für möglich. "Der 20. Juli ist weiterhin aktuell. Wir arbeiten weiter", sagte Kerry am Dienstag in Wien. In seinen dreitägigen Gesprächen mit dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif habe es "Fortschritte" gegeben, doch sei man in Schlüsselfragen wie der Uran-Anreicherung weiterhin auseinander. Er tendiere zu einer Gesprächs-Verlängerung. Sie hätten genügend Fortschritte gemacht, um den Präsidenten einen Fortsetzung des Prozesses zu empfehlen.

In den Gesprächen geht es laut Kerry darum, dass der Iran das Recht zur friedlichen Nutzung der Atomenergie bekommt und die Welt Zusicherungen, dass das Nuklearprogramm friedlich bleibt. "Diese Ziele sind nicht inkompatibel. Wir haben aber noch nicht die richtige Formel gefunden", sagte der US-Außenminister vor Journalisten im Wiener Austria Center. Es habe "greifbare Fortschritte" in einigen Schlüsselfragen gegeben, doch blieben "wirkliche Differenzen" in anderen. "Es ist klar, dass noch viel Arbeit zu tun ist."

Übergangsabkommen läuft aus

Er werde nun in Washington mit US-Präsident Barack Obama und der Führung des US-Kongresses beraten, "welche Aussichten es für ein dauerhaftes Abkommen gibt und ob es mehr Zeit braucht", sagte Kerry. Am Sonntag läuft nämlich das Übergangsabkommen im Atomstreit nach sechs Monaten aus. Die 5+1-Gruppe der UNO-Vetomächte und Deutschlands zeigte sich bisher zurückhaltend zu einer möglichen Verlängerung des Abkommens, um weitere Verhandlungen zu ermöglichen. US-Diplomaten machten zum Auftakt der Gesprächsrunde auf Ministerebene wesentliche Fortschritte zur Bedingung dafür.

Zarif und Kerry waren seit Sonntagnachmittag mehrmals zusammengetroffen, zuletzt am Dienstagvormittag. Aus Diplomatenkreisen verlautete, dass sich der Iran in den Gesprächen bewegte. Demnach will Teheran einer Verlängerung der bestehenden Einschränkungen seines Atomprogramms, darunter den Stopp der Uran-Anreicherung auf 20 Prozent, für "drei bis sieben Jahre" zustimmen. Die USA fordern einen zehnjährigen Zeitraum.

Größter Streitpunkt ist die Frage der Zentrifugen zur Uran-Anreicherung, die dem Iran zugestanden werden sollen. Kerry bekräftigte diesbezüglich die "kristallklare" Position der USA, dass die bestehenden 19.000 Zentrifugen "zu viel" seien. Zugleich spielte er Aussagen des Obersten Geistlichen Führers des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, der von 190.000 Zentrifugen gesprochen hatte, herunter. Es handle sich nicht um eine neue Zahl, und sie spiegle "langfristige Pläne" wider, sagte Kerry.

Die "Fatwa" (islamisches Rechtsgutachten) Khameneis, wonach Atomwaffen unislamisch seien, bezeichnete Kerry als "starke Botschaft". Allerdings wolle sich die Weltgemeinschaft nicht mit Aussagen zufriedengeben, nachdem der Iran jahrelang ein geheimes Atomprogramm betrieben habe, das zahlreiche "Fragen" in Bezug auf eine mögliche Waffenproduktion aufgeworfen habe.

Zarif ein "harter Verhandler"

Man wolle vom Iran "überprüfbare und konkrete Schritte sehen", betonte Kerry. "Das ist keine Frage des Vertrauens, sondern eines faktenbasierten Prozesses, damit wir Tag für Tag feststellen können, was vor sich geht." Es müsse eine "Formel" gefunden werden, um der Welt sagen zu können: "Das ist ein friedliches Programm, das nicht dafür eingesetzt werden kann, Waffen herzustellen und wir haben Gewissheit darüber."

Den iranischen Außenminister bezeichnete Kerry als "harten Verhandler", attestierte ihm aber "gute Absichten". Zuvor hatte auch ein europäischer Diplomat gegenüber der Austria Presse Agentur anerkannt, "dass die iranischen Verhandler es hier ernst meinen und anscheinend eine Lösung anstreben", doch müsse Teheran "noch viel mehr Flexibilität zeigen".

Zarif, der am Nachmittag im Palais Coburg vor die Presse treten wollte, sprach nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur IRNA von "guten Gesprächen". Aus iranischen Diplomatenkreisen verlautete, dass in fünf von sieben großen Streitfragen eine Einigung erzielt worden sei. Auch die iranische Seite strebe eine Einigung bis 20. Juli an. In diesem Zusammenhang hieß es, dass die gute Gesprächsbasis von Zarif und Kerry zur Annäherung beigetragen habe.

"Wir sehen uns wieder"

Kerry deutete zum Abschluss einer Pressekonferenz an, dass er sich wieder in die Wiener Atomgespräche einschalten könnte. "Wir sehen uns wieder, zu einem bestimmten Zeitpunkt", sagte er den Journalisten. Vor einer Rückkehr nach Wien könnte Kerry noch in den Nahen Osten reisen. "Wenn es notwendig ist, werde ich schon morgen oder übermorgen zurück in die Region fliegen", sagte der US-Außenminister, der zuvor die Streitparteien im Gaza-Konflikt eindringlich zu Unterstützung des von Ägypten ausverhandelten Waffenstillstands aufgerufen hatte.

Vor seinem Rückflug nach Washington ging Kerry mit der EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton noch gemeinsam Mittagessen, bevor er ein letztes Mal mit Zarif zusammentraf.

(APA)

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