Flug MH17: Airlines fordern Konsequenzen nach Absturz

Kritik mehrerer Airlines: Das Überfliegen von Krisengebieten soll künftig anders geregelt werden.
Kritik mehrerer Airlines: Das Überfliegen von Krisengebieten soll künftig anders geregelt werden.(c) REUTERS
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Emirates fordert neue Richtlinien für Flüge über Krisengebiete, der Branchenverband IATA soll über notwendige Änderungen beraten.

Nach dem mutmaßlichen Abschuss der malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine fordern Airlines und Piloten Konsequenzen für die zivile Luftfahrt. Es müsse neu definiert werden, wie die Unternehmen mit dem Überfliegen von Krisengebieten umgehen sollten, sagte der Präsident der arabischen Fluglinie Emirates, Tim Clark.

Eine gemeinsame Antwort der Branche sei nötig. So könnte der Dachverband IATA eine Konferenz einberufen, um über notwendige Änderungen zu beraten.

Auch die Lufthansa hält eine Koordination über internationale Gremien für sinnvoll. "Wir unterstützen stark einen solchen Gipfel," so ein Sprecher. Die International Air Transport Association (IATA) mit Sitz in Genf vertritt die Interessen von rund 200 Fluggesellschaften.

Nach Einschätzung der Lufthansa hat der Absturz von Malaysia-Airlines-Flug MH17 eine ganz neue Größenordnung. "Niemals zuvor wurde ein ziviles Flugzeug auf Reiseflughöhe durch eine Boden-Luft-Rakete auf einer der weltweit verkehrsreichsten Luftstrecken zum Absturz gebracht," erklärte ein Sprecher. Fluggesellschaften, Branchenverbände und Regierungsbehörden müssten nun gemeinsam die internationalen Sicherheitsprotokolle überprüfen.

Piloten fordern gemeinsames Vorgehen

Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) fordert, dass alle Fluggesellschaften an einem Strang ziehen. Sie befürchtet eine Kettenreaktion, wenn erst einmal eine Gesellschaft anfängt, wieder die alte Strecke zu nutzen. Wegen der Spritkosten auf den längeren Umgehungsrouten würde der wirtschaftliche Druck für die anderen Airlines dann steigen, so ein Sprecher. "Es ist daher wichtig, dass alle Fluggesellschaften bei diesem Thema abgestimmt vorgehen."

Die IATA erklärte, jeder im Luftverkehr wolle sicherstellen, dass sich eine derartige Tragödie nicht wiederhole. Dazu müsste die bestmögliche Expertise eingeholt werden. Branchenexperten seien bereits damit beschäftigt und sollten die Fakten klar sein und Analysen vorliegen, werde die IATA den weltweiten Dialog vorantreiben. "Welche Form dies annimmt, wird sich danach richten, wie die Ergebnisse sind."

Die Boeing 777 war am Donnerstag im umkämpften Osten der Ukraine mutmaßlich abgeschossen worden. Alle 298 Insassen, darunter keine Österreicher, kamen ums Leben. Die Maschine befand sich auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur. Die ukrainische Regierung und prorussische Aufständische warfen sich gegenseitig vor, das Flugzeug angegriffen zu haben.

"Situation hat sich geändert"

Nach Einschätzung von Emirates-Präsident Clark waren die Airlines bisher in der Lage, mit dem Überflug von Krisengebieten umzugehen. Es gebe hierzu Protokolle und Vorgehensweisen. Doch die Situation habe sich geändert, sagte Clark. "Nun denke ich, muss es neue Protokolle geben." Es sei Aufgabe der IATA, der Gemeinschaft der Airlines und der Internationalen Organisation für zivile Luftfahrt (ICAO) zu klären, wie dies zu gestalten sei. Die ICAO, eine Organisation der Vereinten Nationen, hat zwar nur eingeschränkte politische Befugnisse. Das Recht, nationale Lufträume zu öffnen oder zu schließen, hat sie nicht. Sie könne aber Empfehlungen geben und vielleicht etwas aktiver sein, sagte Clark.

Der Emirates-Manager sprach sich zugleich gegen die Idee aus, Flugzeuge mit einer Raketen-Abwehr auszurüsten. "Wenn wir ein Flugzeug nicht mehr frei und unbelastet von der Sorge vor einem Abschuss fliegen lassen können, dann sollten wir es gar nicht mehr fliegen lassen."

Luftraum hätte früher gesperrt werden können

Der österreichische Experte für europäisches und internationales Luftfahrtrecht, Sigmar Stadlmeier, hat im Gespräch mit der Austria Presse Agentur die Frage aufgeworfen, ob die Ukraine nicht schon viel früher ihren Luftraum für die zivile Luftfahrt hätte sperren lassen sollen. Das Chicagoer Abkommen von 1944 würde dies erlauben, so Stadlmeier. Das Abkommen mache es für Nationalstaaten rein rechtlich möglich, die Sperre ihres Luftraumes - auch ohne Angabe von Gründen und ab jeder Höhe - zu veranlassen. Im Falle der Ukraine wäre der Grund jedoch ohnehin gegeben, so der Experte.

(APA/Reuters)

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