Banker-Boni: Die Ausnahme wird langsam zur Regel

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Die meisten Banken in der EU nutzen Ausnahmen, um ihren Managern höhere Boni zu zahlen. Anders ist das in Österreich.

Wien. Mit der Finanzkrise gerieten Bonuszahlungen an Bankmanager in Verruf. Hochrangige Banker erhielten in den Jahren vor der Krise Sonderzahlungen, die bis zu fünf Mal so hoch waren wie ihr Fixgehalt. Seit heuer ist damit eigentlich Schluss: Laut einer EU-Richtlinie dürfen die Bonuszahlungen das Fixgehalt hoch bezahlter Bankmanager nicht mehr übersteigen. Damit soll verhindert werden, dass Banker durch finanzielle Anreize motiviert werden, zu hohe, kurzfristige Risken einzugehen.

Doch die Beschränkungen dürften weniger sinnvoll sein als erhofft: Erstens schraubten viele Institute schon im Vorfeld die Grundgehälter für Spitzenkräfte hinauf und senkten im Gegenzug die variablen Vergütungen. Und jetzt nach der Einführung nutzen immer mehr Banken die Ausnahme von der Regel: Diese gestattet, dass der Bonus bis zu 200Prozent des Fixgehaltes betragen darf, sofern die Hauptversammlung beziehungsweise der Mutterkonzern zustimmt. Laut einer Studie der Managementberatung Mercer wollen 70Prozent der in der EU ansässigen Banken mithilfe der Ausnahmeregelung auch künftig höhere Prämien zahlen. Außerdem wollen 55Prozent der Institute die Grundgehälter erhöhen oder Zulagen zahlen, um die niedrigeren Sonderzahlungen auszugleichen.

Die Banken zeigen sich bei der Umgehung der Boni-Regeln durchaus kreativ. Die Beschränkung ist vor allem in London ein Thema, das nach wie vor das Finanzzentrum in der EU ist. Im Juni bemängelte die Europäische Bankenaufsicht (EBA) in einer Studie, dass zum Beispiel viele Banker so eingestuft werden, dass die Obergrenzen für sie nicht schlagend werden: Nur 54Prozent der bestbezahlten Banker in der EU würden als „Risikoträger“ eingestuft, deren Tätigkeit eine solche Bedeutung für die Bank hat, dass sie unter die Beschränkungen fallen. In Großbritannien gibt es laut der Erhebung 2714 Einkommensmillionäre unter den Finanzmanagern und damit mehr als in allen anderen EU-Staaten zusammen.

Keine Ausnahmen in Österreich

Auch die Deutsche Bank war recht schnell damit, den Gebrauch der Ausnahmeregelung in den Statuten zu verankern: Auf seiner Hauptversammlung Ende Mai ließ der Konzern über die Anhebung der Bonusgrenzen abstimmen – 91Prozent der Aktionäre sprachen sich dafür aus. Das Institut wolle sich damit eine möglichst große Flexibilität bei der Bezahlung seiner Mitarbeiter erhalten, begründete Ko-Vorstand Jürgen Fitschen das Vorgehen. Im Vorjahr erhielten gut 1700 Beschäftigte der Deutschen Bank Prämien, die ihr Jahresfixum um das Doppelte überstiegen. Die beiden Vorstände Fitschen und Anshu Jain verdienten zuletzt je 7,5 Millionen Euro, wobei Boni einen wesentlichen Teil ihres Einkommens ausmachten. Und die Deutsche Bank ist nicht das einzige Geldhaus in Deutschland, das die Ausnahmeregelung nutzen will. Zuvor hatte die Aareal-Bank eine Anhebung der Grenzen beschlossen, auch die Hypo-Vereinsbank (HVB) will darüber abstimmen lassen. Die italienische UniCredit, zu der sowohl die HVB als auch die österreichische Bank Austria gehören, hatte sich bereits auf ihrer Hauptversammlung am 13.Mai die Erlaubnis für eine Erhöhung der Obergrenzen geholt.

Anders ist die Lage in Österreich. Die Bawag etwa will von der Ausnahme nicht Gebrauch machen: „Unsere Vergütungspolitik ist jetzt schon EU-konform.“ Auch die Fixgehälter seien nicht angehoben worden, so eine Sprecherin zur „Presse“. Bei den Österreichischen Volksbanken (ÖVAG) „gibt es keine Bonuszahlungen, und es sind auch keine geplant“, so der Konzern auf Anfrage. Das liegt auch daran, dass die ÖVAG zu 43,3Prozent dem Staat gehören. Auch die Erste Group will die Möglichkeit zur Ausnahme nicht nutzen. „Wir bleiben bei 100Prozent“, so der Konzernsprecher. Auch die Grundgehälter seien nicht erhöht worden.

Nur bei der Bank Austria sei geplant, für „einzelne Positionen“ Ausnahmen zu genehmigen, so ein Sprecher. Dabei handle es sich um einige wenige Positionen, „deren Entlohnung aufgrund des Aufgabenbereichs einem internationalen Marktvergleich standhalten muss“. Es stehe noch nicht fest, für wen die Ausnahme gelten soll. Es gehe jedenfalls nicht konkret um den Vorstand.

AUF EINEN BLICK

Laut einer EU-Richtlinie dürfen die Bonuszahlungen für hoch bezahlte Bankmanager deren Fixgehalt nicht mehr übersteigen. Mit Zustimmung der Aktionäre kann der Bonus auf maximal 200Prozent des Fixums ausgeweitet werden. In einer aktuellen Umfrage gaben 70Prozent der in der EU ansässigen Banken an, von der Ausnahme Gebrauch machen zu wollen. Die österreichischen Banken wollen sich hingegen an die Regel halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2014)

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