Pistorius-Prozess: Bulldogge gegen Rottweiler

Verteidiger Barry Roux (li.) wurde von einer Journalistin
Verteidiger Barry Roux (li.) wurde von einer Journalistin "Rottweiler" genannt, Staatsanwalt Gerrie Nel trägt den Spitznamen "Bulldogge".EPA/MIKE HUTCHINGS/THEMBE HADEBE/MONTAGE
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In ihren Schlussplädoyers im Prozess gegen Oscar Pistorius werden sich Staatsanwalt Gerrie Nel und Verteidiger Barry Roux noch einmal in Szene setzen.

Nach 39 Verhandlungstagen steht der Prozess gegen Oscar Pistorius, den Sprinter auf Prothesen, in Pretoria vor einem Ende. Nun rücken die Anwälte auf Seiten des Staates bzw. des Angeklagten in den Mittelpunkt. Die Verteidigung unter Chef-Anwalt Barry Roux legte am Montag Richterin Thokozile Masipa eine Zusammenfassung der Beweislage vor. Staatsanwalt Gerrie Nel hatte bereits in der letzten Woche seine Argumente eingereicht. Masipa alleine ist es, die über das Urteil entscheiden wird - keine Geschworenen, keine Schöffen, keine weiteren Richter.

Am 7. und 8. August treten die Anwälte noch einmal persönlich vor das Gericht von Masipa. An diesen beiden Tagen stehen die Schlussplädoyers an. Nel will die Richterin davon überzeugen, dass Pistorius seine Freundin Reeva Steenkamp in der Nacht zum Valentinstag 2013 vorsätzlich durch eine geschlossene Badezimmertür erschossen hat. Roux vertritt hingegen Pistorius' Version, wonach er in der Toilette einen Einbrecher vermutete und in Panik handelte.

Gerrie Nel, die "Bulldogge"

Der leitende Staatsanwalt Gerrie Nel, Ex-Chef der Anti-Korruptionseinheit "Scorpions", ist wegen seiner Hartnäckigkeit und seiner brillanten Rhetorik gefürchtet. Er wird deshalb auch "die Bulldogge" genannt. Schon oft vertrat er die Anklage erfolgreich in Aufsehen erregenden Prozessen.

Spektakulär war das Verfahren gegen den Ex-Polizeichef Südafrikas und Ex-Interpol-Chef Jackie Selebi. Selbst als Nel dabei grundlos vor den Augen seiner Kinder von 20 Polizisten festgenommen wurde, blieb er unbeirrt. Selebi wurde wegen Korruption zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Nel traf schon einmal in einem spektakulären Prozess auf Pisotrius-Verteidiger Roux. Im Jahr 1999 verteidigte der Anwalt den Zahnarzt Casper Greef, dem vorgeworfen wurde, den Mord an seiner Frau in Auftrag gegeben zu haben. Greef wurde für schuldig befunden und zu lebenslanger Haft verurteilt. Schlechte Vorzeichen für Roux' aktuellen Mandanten Pistorius.

Barry Roux, der "Rottweiler"

Barry Roux ist ein Staranwalt mit jahrzehntelanger Erfahrung, der schon während der Zeit der Apartheid Prominente verteidigt hat. Dazu zählten neben dem damaligen Polizeichef Lothar Neethling auch Wirtschaftsbosse wie Minenchef Roger Kebble oder der Ex-Boss des Fußballclubs Glasgow Rangers, Dave King, die beide wegen Steuerbetrugs angeklagt waren.

Schon vor dem Pistorius-Untersuchungsrichter zerpflückte Roux erfolgreich Vorwürfe der Ermittlungsbehörden. Der damalige Chefermittler gestand im Kreuzverhör, dass es am Tatort keine klaren Indizien für einen Mord gegeben hatte.

Beobachter sagen, Roux habe bei seinen Verhören eine spezielle Taktik: Erst wirke er völlig zerstreut und blättere ständig in seinen Unterlagen. Wenn sich die Zeugen dann in Sicherheit wiegen, schlage er mit harten Fragen zu, die er Dutzende Male wiederhole - mit zunehmend genervter Stimme. Eine Journalistin schrieb, der Verteidiger könne sich innerhalb von Sekunden "vom "schusseligen Pudel in einen knurrenden Rottweiler verwandeln".

36 Zeugen wurden im Prozess gegen Pistorius von den beiden Anwälten befragt. Die Beweisaufnahme wurde Anfang Juli abgeschlossen. Wenn der beinamputierte Sprinter des vorsätzlichen Mordes für schuldig befunden wird, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Das Urteil wird für Ende August erwartet.

(APA/dpa)

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