Kulturstandort: Songcontest, und dann? Was das Popevent bringen kann

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Wenn Österreich sein Image durch den Songcontest verändern will, muss es definieren, welches Bild es von sich zeichnen will.

Schloss Schönbrunn, Albertina, Musikverein, Sisi, Falco, Neujahrskonzert. Österreichs Kulturinstitutionen sind zahlreich und altehrwürdig. Wenn im kommenden Jahr mit dem Eurovision Song Contest (ESC) Europas Popzirkus in Wien haltmacht, böte das Stadt und Staat die Chance, sich frisch, neu, schräger zu positionieren. Gesetzt den Fall, das ist überhaupt gewünscht. Länder wie Aserbaidschan wollten den Singbewerb durchaus dazu nutzen, um sich als weltoffene Demokratie zu präsentieren (was nur bedingt gelang).

ORF und Stadt Wien rechnen damit, dass durch den Songcontest ein Werbewert von rund 100 Millionen Euro und eine Umwegrentabilität von 20 Millionen Euro entstehen. Aber könnte auch ein kultureller Imagewandel folgen? Oliver Heiss, Partner bei der Agentur Brainds, glaubt nicht daran. Er sagt: „Ein Großevent ist kein ,Game Changer‘, der ein Image nachhaltig verändern kann.“ Daher hält er auch wenig davon, rund um den Songcontest weitere bemühte Veranstaltungen oder ein großes Rahmenprogramm zu planen, zu dem man die kolportierten 1200 Journalisten aus aller Welt hinkarrt. „Wichtiger ist, dass man den Journalisten und Touristen den Zugang zur Stadt einfacher macht, mit intelligenten Wien-Guides etwa.“ Zudem sei der Songcontest nicht nur eine Chance, „sondern natürlich auch ein Risiko. Ein nicht professionell ausgetragener ESC schadet mehr.“ Er habe daher schon etwas Angst vor dem traditionellen Imagevideo und der Botschaft, die Österreich damit transportieren wird. Was sich die Verantwortlichen im Vorfeld fragen sollten, so Heiss: Welches Bild wollen wir vermitteln? Rund um den Life Ball werde Wien gern als tolerant und modern verkauft. „Das ist für eine westliche Demokratie aber ungefähr so, wie wenn ein Autobauer damit werben würde, dass seine Autos vier Räder haben.“ Sein Vorschlag: die vielen klugen Köpfe des Landes zusammenzubringen und damit das Potenzial Österreichs greifbar zu machen.

Vorbild London: Geschichte und Pop

Dabei will Heiss die traditionsreichen Kulturinstitutionen Österreichs nicht kleinreden. Im Vergleich mit dem ebenfalls geschichtsträchtigen London sei nur auffallend: „Auch dort gibt es viele alte Gebäude, dennoch gilt die Stadt als pulsierende Metropole. Das müsste Wien auch stärker vermitteln.“ Ulrike Rauch-Keschmann, Sprecherin der Österreich-Werbung, erzählt, dass schon intensiv daran gearbeitet werde, wie man den Songcontest touristisch verkaufen kann. „Großveranstaltungen sind immer ein positiver Turbo für ein Land.“ Der Songcontest biete aber wie der Life Ball die Chance, neben der traditionellen Seite Österreichs eine für viele vielleicht noch nicht so bekannte, moderne, junge Facette der Hauptstadt zu zeigen.

Stichwort Hauptstadt: Heiss glaubt, der ESC sei vor allem für Wien als Marke relevant, weniger für ganz Österreich. Der größte Fehler, den die Stadt also machen kann: wenn der Songcontest zum reinen Wahlkampfauftakt wird und nicht zu einer Initialzündung für ein schräg-liebenswürdiges Österreich-Bild.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2014)

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