Wiener Baustellensommer: Wurden Fehler gemacht?

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Wiens Autofahrer stöhnten in diesem Sommer unter den Behinderungen durch zahlreiche Baustellen. Eine Staukritik.

Wien. Der Sommer 2014 ist (und war) außergewöhnlich. Nicht nur, dass das Wetter der Jahreszeit selten gerecht wurde. Auch auf den Straßen der Großstadt entstand pünktlich mit Beginn der warmen Jahreszeit der Eindruck, dass aufgrund der zahlreichen Großbaustellen gar nichts mehr ging. Besonders lange Wartezeiten verursachte der Berufsverkehr in der Westeinfahrt und auf der Gürtelbrücke. Wer auswich, geriet zielsicher in die nächste Dauerbaustelle. Warum eigentlich?

1. War der Wiener Baustellensommer 2014 besonders schlimm?

Ja und nein. Denn vom Gesamtvolumen her sind die Baustellen seit Jahren weitgehend konstant. Und dass es im Sommer zu Staus und Behinderungen wegen Bauarbeiten kommt, ist nicht unüblich. Allerdings sind im heurigen Sommer einige Probleme zusammengekommen, die vor allem den Westen Wiens betroffen haben.

Zum einen ist das die Instandsetzung der Wiener Westeinfahrt, die Ende Mai startete – und auf der tagelang nur eine Fahrspur zur Verfügung stand. Was an sich schon schlimm genug gewesen wäre – doch wer über die Hütteldorfer Straße ausweichen wollte, sah sich dort mit Gleisbauarbeiten konfrontiert. Und die Linzer Straße, die als Umweg nahe lag, konnte all diesen Verkehr nicht schlucken.

Für zusätzliche Probleme sorgte und sorgt auch die Gürtelbrücke, ein wichtiger Verkehrsknoten für Fahrten in Richtung Norden. Ihre Sanierung und die zeitgleich abgewickelten Baustellen auf dem Gürtel und entlang der Heiligenstädter Lände sorgten für massive Staus.

2. Mussten all diese Baustellen wirklich heuer und zeitgleich sein?

Eher ja. Die Westeinfahrt muss für das Jahr 2016 bautechnisch fit gemacht werden – denn ab da wird die U-Bahn-Linie 4 saniert. Von Mai bis September verkehrt dann zwischen Hütteldorf und Schönbrunn, von Juli bis August 2017 zwischen Margaretengürtel und Kettenbrückengasse nur ein Ersatzverkehr mit Bussen.

Gemeinsam mit dem ohnehin schon starken Pendlerverkehr ist das eine extreme Belastung, für die die Strecke gerüstet sein muss. Nach der Sanierung der Westeinfahrt im Sommer 2014 steht im Sommer 2015 die Instandsetzung der Westausfahrt auf dem Programm.

Und was die Gürtelbrücke betrifft: Hier führte die Pleite des Baukonzerns Alpine dazu, dass die Baustelle neu ausgeschrieben werden musste. Um den Zeitplan einzuhalten, argumentiert man bei der MA28 (Straßenbau), musste man Arbeitsschritte komprimieren. Hätte man das nicht getan, hätte man eine weitere Baustellensaison im gleichen Ausmaß anhängen müssen.

3. Wurden bei der Koordination der Baustellen Fehler gemacht?

Ja. Zumindest bei der Westeinfahrt gab es einige unglückliche Entscheidungen – so war etwa ein Fahrstreifen länger als vorgesehen gesperrt. Ein Fehler, der laut MA 28 nicht bei der Behörde lag, sondern bei den ausführenden Firmen. Und man habe schnell darauf reagiert. Dass mit der Hütteldorfer Straße gleichzeitig eine Alternativroute nicht befahren werden konnte, habe man hingegen bewusst in Kauf genommen – und nicht mit derart starken Auswirkungen gerechnet. Die Polizei hingegen räumte in einer Stellungnahme ein, dass es zu Kommunikationsfehlern gekommen sei und man mit einem größeren Personalaufgebot für Beschleunigung hätte sorgen müssen. Schließlich leitete sogar die Volksanwaltschaft Mitte Juni ein Prüfverfahren ein – zum ersten Mal überhaupt wegen einer Baustelle, später prüfte man auch die Vorgänge um die Gürtelbrücke. Ein Bericht zu den beiden Baustellen soll Ende Oktober vorliegen.

4. Wurde heuer so viel saniert, um im Wahljahr 2015 Ruhe zu haben?

Dieser Vorwurf war aus Kreisen der Rathaus-Opposition zu hören. Aus taktischer Sicht ist der Gedanke tatsächlich nicht ganz von der Hand zu weisen, dass möglichst viele unangenehme Baustellen schon 2014 abgearbeitet werden sollen, um im Wiener Wahlkampf 2015 keine Angriffspunkte zu bieten – was natürlich offiziell niemand in der Stadtverwaltung bestätigen würde. Dagegen spricht allerdings, dass das Straßenbauvolumen mit jährlich rund 120 Millionen Euro pro Jahr weitgehend konstant ist. Dass sich sowohl die Sanierung der Gürtelbrücke (Alpine-Pleite) als auch jene der Westeinfahrt (U4-Sanierung) für heuer argumentieren lassen. Dass mit der Sanierung der Westausfahrt auch im Sommer 2015 eine Großbaustelle bevorsteht. Und dass auch Mariahilfer Straße, Meidlinger Hauptstraße und einige weitere Baustellen ins kommende Jahr mitgenommen werden.

5. Wann wird der Wiener Baustellensommer zu Ende sein?

Für die Westeinfahrt ist die Fertigstellung für den 3.Oktober geplant, rund vier Wochen früher als vorgesehen. Ab dann soll die wichtige Einfallstraße in die Stadt wieder ohne Beeinträchtigungen befahrbar sein. Die Gürtelbrücke hingegen wird noch einen weiteren Sommer durchleben – zwar freut sich die MA 28, dass die Arbeiten „auf Hochtouren“ laufen und man „im Zeitplan“ liege. Doch sieht der Zeitplan eben vor, dass die Brücke erst im Herbst 2015 fertiggestellt sein soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2014)

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