Epidemie: Neue Ebola-Viren im Kongo

(c) REUTERS (STRINGER)
  • Drucken

Dutzende Tote im Norden der Demokratischen Republik Kongo, Ursache ist ein anderer Virenstamm als der in Westafrika. Japan will Grippemittel, das Ebola bekämpfen könnte, liefern.

Freetown/London/Tokio. Vor dem Hintergrund des extremen Ausbruchs der Infektionskrankheit Ebola in Westafrika wird nun zum bisher zweiten Mal ein mit dem Virus infizierter Europäer in seinem Heimatland behandelt: Der 29-jährige Brite William Pooley wurde am Wochenende ins Londoner Royal Free Hospital eingeliefert, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA. Der Krankenpfleger hatte sich im westafrikanischen Sierra Leone, einem Hauptherd der Epidemie, mit Ebola infiziert.

Pooley war in der Nacht auf Montag mit einer speziellen Maschine der Royal Air Force nach London geflogen worden. Das Flugzeug habe ihn bereits knapp 24 Stunden nach der Ebola-Diagnose in Sierra Leone abgeholt, hieß es weiter. Er weise bisher keine „sehr schweren“ Symptome auf, etwa extremes Fieber und Blutungen.

In Madrid war Mitte August der Geistliche Miguel Pajares an Ebola gestorben. Er hatte in Sierra Leones Nachbarland Liberia als Pfleger gearbeitet und war ebenfalls zur Behandlung in seine Heimat Spanien geflogen worden. Zwei Ebola-Infizierte waren zudem in den USA in Behandlung – und haben bisher überlebt.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf berichtete von bisher mindestens 1427 Ebola-Toten. Am stärksten betroffen sind Guinea, Liberia, Sierra Leone und Nigeria. Nun aber stellte sich heraus, dass die Seuche in einem weiteren Staat großflächig ausufert, nämlich in der Demokratischen Republik Kongo: In der kongolesischen Provinz Équateur waren in den vergangenen Wochen Dutzende Menschen an einer mysteriösen Erkrankung gestorben.

Ausbruch im Ursprungsland

Noch vor einigen Tagen hatte die WHO erklärt, dabei handle es sich nicht um Ebola. Nun ergaben Tests, dass es Ebola ist – allerdings handle es sich um einen anderen Virenstamm als jenen, der bisher in Westafrika nachgewiesen wurde.

Die Umgebung der Stadt Djera wurde unter Quarantäne gestellt. Im Kongo gab es in der Vergangenheit mehrfach Ebola-Ausbrüche. Dort, ebenfalls im Norden des Landes nahe des Flusses Ebola im Grenzbereich zur Zentralafrikanischen Republik, waren die Viren überhaupt erstmals entdeckt worden, 1976 bei einem Ausbruch in einem Missionsspital und mehreren Dörfern. Mit der Epidemie in Westafrika dürften die aktuellen Fälle nicht zusammenhängen.

Unterdessen gab Japan bekannt, im Kampf gegen die Epidemie ein neues Medikament zur Verfügung stellen zu wollen. Sollte es eine Anfrage der WHO geben, sei man bereit, das Grippemittel Favipiravir zu liefern, sagte Regierungssprecher Yoshihide Suga. Das vom Unternehmen Toyama Chemical entwickelte Präparat ist in Japan gegen Influenza, die „echte Grippe“, zugelassen. In einer kürzlich von deutschen Forschern veröffentlichten Studie hatte es aber auch mit Ebola infizierten Mäusen geholfen.

Not erzwingt Experimente

Gegen Ebola-Viren, deren Letalität enorm ist (50 bis 90 Prozent, aktuell im Schnitt 80 Prozent), gibt es derzeit weder Impfung noch Therapie. Also werden aus reiner Verzweiflung heraus experimentelle, noch nicht zugelassene Präparate ausprobiert, etwa ZMapp, im Wesentlichen eine US-kanadische Koproduktion mit Teilhabe der Wiener Universität für Bodenkultur. Der Wirkstoff, von dem es nur geringe Mengen gibt, war in den vergangenen Tagen bei drei Personen in Liberia eingesetzt worden; eine davon, ein Arzt, starb vor Kurzem plötzlich, nachdem er schon fast geheilt schien.

Auch der später verstorbene spanische Patient und die beiden infizierten US-Amerikaner hatten ZMapp erhalten. Der Wirkstoff wird auf komplizierte Art mithilfe von Tabakpflanzen gewonnen, die Produktion neuen Wirkstoffs nimmt Monate in Anspruch. (ag.)

HINTERGRUND

Das Ebola-Virus wurde 1976 im Norden Zaires (heute Demokratische Republik Kongo) entdeckt, als bei einer Epidemie in einem Missionsspital und Dörfern entlang des Flusses Ebola 280 von 318 Erkrankten starben (88 % Letalität). Kurz darauf wütete Ebola im Süden des Sudans. Woher das Virus kommt bzw. wie es in Menschen kam, ist ungeklärt. Der Verdacht fällt teils auf Affen, deren Fleisch gegessen wird, teils auf diverse Arten von Flughunden, in denen die Viren überleben können, ohne ihren Wirt zu töten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Die Elfenbeinküste hatte am 22. August ihre Landesgrenzen nach Guinea und Liberia geschlossen.
Außenpolitik

Ebola: Pfleger in Liberia streiken für mehr Schutz

In Liberias größtem Krankenhaus sind Krankenhauspfleger in einen Streit getreten. Sie fordern mehr Lohn und besseren Schutz gegen das Ebola-Virus.
Senior Matron Breda Athan demonstrates putting on the protective suit which would be used if it becomes necessary to treat patients suffering from Ebola, at The Royal Free Hospital in London
Weltjournal

Ebola-Verdacht in Schweden

In Schweden wurde ein Reisender aus der Risiko-Region unter Quarantäne gestellt. Die Behörden wollen Panikmache vermeiden.
Weltjournal

Suche nach Ebola-Impfstoff

Europäische und amerikanische Wissenschaftler erzielten erste Erfolge im Kampf gegen die Eindämmung der Krankheit.
Residents of West Point neighbourhood, which has been quarantined following an outbreak of Ebola, receive food rations from the United Nations World Food Programme in Monrovia
Weltjournal

Ebola: Quarantäne in Slum in Liberia aufgehoben

75.000 Einwohner waren zehn Tage isoliert. Die Quarantäne hatte zu heftigen Protesten geführt. "Es war wie die Hölle", beschreibt ein Bewohner.
United Nations World Food Programm in Monrovia
Weltjournal

Ärzte ohne Grenzen: UNO soll Ebola-Einsatz leiten

Im Kampf gegen die Seuche in Westafrika soll der Sicherheitsrat der Vereinigten Nationen eingeschaltet werden. Nur so könne die Epidemie unter Kontrolle gebracht werden, so die Hilfsorganisation.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.