Lebkuchen: Vom Arzneimittel zur Fastenspeise

(c) Stanislav Jenis
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Die Geschichte des Lebkuchens reicht bis zu den alten Ägyptern zurück.

Zugegeben, ein Heilmittel assoziiert man mit Lebkuchen vielleicht nicht gerade. Denn auch wenn sich die klassischen Gewürze – Anis, Zimt, Koriander, Gewürznelken, Kardamom oder Piment – heute noch darin finden, zählt Lebkuchen doch eher zur Kategorie Sünde, zumindest in Sachen Gesundheit und Kalorien.

Das Wort Lebkuchen leitet sich allerdings vom Althochdeutschen „leb“ ab, was so viel wie Heil- oder Arzneimittel bedeutet. Es war früher üblich, die im Klostergarten wachsenden Heilkräuter zu einem Gebäck, eben dem Lebkuchen, zu verarbeiten und es vor Weihnachten in den Klöstern als Fastenspeise zu verteilen. Auch Ingwer wurde damals schon als wärmendes Gewürz bewusst beigemengt. Die Geschichte des Lebkuchens reicht gar bis 1500 vor Christus zurück, der damalige Honigkuchen hatte aber nicht allzu viel mit der heute bekannten Variante zu tun. Seine Beliebtheit verdankt der Lebkuchen, zumindest früher, seiner sehr langen Haltbarkeit und Lagerfähigkeit. Der Honig war und ist ein wertvolles Konservierungsmittel, der es ermöglicht, das Gebäck mehrere Wochen bis Monate zu lagern.

Belgische Erfindung. Auch wenn Nürnberg heute oft mit Lebkuchen assoziiert wird, der Lebkuchen, wie wir ihn heute kennen, wurde im belgischen Dinant erfunden und später schließlich von den fränkischen Klöstern weiterentwickelt. In Nürnberg kam er erst im 14. Jahrhundert auf. Generell waren damals Lebzeltereien in Städten angesiedelt, immerhin waren dort die seltenen Gewürze erhältlich.

Heute noch bestehende österreichische Lebzeltereien wurden ab dem 16. Jahrhundert gegründet, so etwa die Lebzelterei Wallner in St. Wolfgang (1520), Kastner in Bad Leonfelden (1559) oder der Ausseer Lebkuchen (1584), der Ischler Lebkuchen kam „erst“ 1848 dazu, der Mariazeller 1860.

Dem Teig zwei Monate Zeit zum Rasten zu geben, wie es Lebzelter Robert Kammerer macht (siehe oben), tun dabei längst nicht mehr alle. Dafür wird nur ein Gemisch aus Mehl und Honig lange gelagert. Gewürze, Triebmittel und Eier kommen erst kurz vor der Verarbeitung dazu. Während der langen Lagerzeit haben die Milchsäurebakterien im Teig Zeit, den Zucker abzubauen und ihn in Milchsäure umzuwandeln, was das Aroma verbessert. Dank – im Verhältnis zur Geschichte des Lebkuchens – moderner Triebmittel ist es heute nicht mehr nötig, den Teig so lange rasten zu lassen. Jene, die auf Tradition setzen, machen es aber dennoch gern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2014)

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