Finanz- und Rechnungswesen. Beim Einstieg gibt es oft zu wenig Gehalt. Dafür wird nachgebessert, wenn die Leute später abspringen wollen. Langfristig ist das allerdings nur selten klug. Von Andrea Lehky
Jeder dritte Bewerber im Finanz- und Rechnungswesen ist unzufrieden. Der Grund: Er findet das Vergütungspaket, das ihm die Unternehmen anbieten, nicht attraktiv genug.
Die Gehaltsvorstellungen der österreichischen Bewerber entsprechen nicht dem marktüblichen Niveau, klagten 100 heimische HR-Manager dem Personaldienstleister Robert Half ihr Leid. 59 Prozent der Unzufriedenen fordern ein höheres Grundgehalt, 56 Prozent erweiterte Zusatzleistungen, 34 Prozent höhere Boni, 28 Prozent zusätzliche Urlaubstage und 19 Prozent mehr Kapital- und Gewinnbeteiligung (siehe Grafik rechts). Müßig zu erwähnen, dass 80 Prozent der befragten Personalisten das Besetzen vakanter Stellen im Finanz- und Rechnungswesen als „schwierig“ bis „sehr schwierig“ bezeichnen.
Gegenangebote nehmen zu
Das erklärt, warum sie versuchen, bewährte Leute unter allen Umständen im Haus zu halten. Selbst wenn diese von sich aus gekündigt haben, haben sie in zwei von drei Fällen gute Chancen, ein nachgebessertes Angebot zu bekommen. 67 Prozent der befragten Personalchefs würden solchen Wechselwilligen unter gewissen Umständen ein besseres Angebot legen – immer dann nämlich, wenn ihr Weggang finanzielle Auswirkungen auf das Unternehmen, Konsequenzen für das operative Geschäft oder für das Betriebsklima hätte.
Elf Prozent der Personalchefs legen auf jeden Fall ein lukrativeres Angebot. Meist ist das klipp und klar ein höheres Grundgehalt. Ein gefährliches Spiel, findet Sven Hennige, Managing Director Central Europe & Germany bei Robert Half, denn oft ist das eine kurzsichtige Lösung:
► Ein rein monetäres Gegenangebot verzögert meist nur den Weggang. Es verhindert ihn nicht. Besser ist, den Grund für den Weggang zu erfragen und ein runderneuertes Gesamtpaket aus Zusatzleistungen, Anerkennung und Karriereoptionen zu schnüren. Notwendig dazu ist ein offenes Gespräch, aus dem auch Maßnahmen für alle übrigen Mitarbeiter abgeleitet werden.
► Vorsicht vor der Signalwirkung auf die verbleibenden Kollegen. Im schlimmsten Fall verlangen sie das Nachbessern aller Gehälter oder interpretieren, dass sie durch eine Kündigung mehr Aufmerksamkeit bekommen als durch gute Arbeit.
► Das beste Gegenangebot nützt nichts, wenn die Ursache der Unzufriedenheit bleibt. Hält der Mitarbeiter mehr Geld schon lang für überfällig, ist es kein Anreiz für ihn, seine Leistung zu steigern. Wirklichen Erfolg verspricht nur ein Klima, in dem die Leute gern arbeiten.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2014)