Einsamer Voves – oder: Wenn die ÖVP nicht will

SPÖ-PARTEIVORSTAND: VOVES
SPÖ-PARTEIVORSTAND: VOVES(c) APA/ERWIN SCHERIAU (ERWIN SCHERIAU)
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In der Steiermark könnte Landeshauptmann Franz Voves seinen Reformpartner verlieren. Teile der ÖVP wollen Hermann Schützenhöfer gegen den Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl, eintauschen.

Es war eine Wandlung, wie sie beide Seiten kaum für möglich gehalten hätten – nicht nach dieser ersten Amtsperiode, die der steirische Landeshauptmann und sein Stellvertreter von 2005 bis 2010 meist mit Streit zugebracht hatten. In der zweiten wurde Franz Voves zum Klassenkämpfer außer Dienst, und der vermeintlich phlegmatische Arbeitnehmervertreter Hermann Schützenhöfer zu dessen Reformpartner. Und Freund, wie manche sogar meinen. Was so eine finanzielle Notlage alles bewirken kann.

Eigentlich wollten Voves und Schützenhöfer Ende September die Öffentlichkeit informieren, dass sie eine gemeinsame dritte Periode anhängen werden, das Wählervertrauen einmal vorausgesetzt. Doch vorerst gab nur Voves bekannt, dass er im Herbst 2015 erneut als SPÖ-Spitzenkandidat in eine Landtagswahl gehen wird. Schützenhöfer hingegen vertröstete Parteifreunde und Wähler auf „die ersten Monate 2015“. Er sehe keinen Grund, sich schon jetzt zu erklären, sagte der ÖVP-Landesparteichef. „Ich werde mir die Entscheidung sehr, sehr gut überlegen.“

Dabei passt dieses Zögerliche eigentlich nicht zu Schützenhöfer. In der Vergangenheit hat sich der Vizelandeshauptmann selten ein Blatt vor den Mund genommen, besonders dann nicht, wenn er sich inhaltlich von der Bundes-ÖVP abgrenzen wollte. Die Gesamtschule wurde von der steirischen Volkspartei schon propagiert, als die ÖVP-Westachse noch nicht einmal von ihrer eigenen Existenz wusste. Dieses Mal aber ist es Schützenhöfer, dem es in den eigenen Reihen an Rückhalt fehlt. Genau genommen gibt es zwei Gruppen in der steirischen ÖVP: Die eine will die Reformpartnerschaft mit der SPÖ fortsetzen. Die andere glaubt, dass Schützenhöfer genau deshalb keine Chance gegen Voves haben wird.

„Warum sollte jemand den Vize-Landeshauptmann wählen, wenn er für dieselbe Politik steht wie der Landeshauptmann?“, fragt ein Mitglied der steirischen ÖVP, das lieber anonym bleiben will. „So können wir die Wahl nicht gewinnen.“ Schützenhöfers Gegner würden ihn am liebsten gegen den karrierebewussten Grazer Bürgermeister, Siegfried Nagl, eintauschen. Manche halten bereits ein Duell um die Spitzenkandidatur für denkbar – Nagl aber wollte sich bis jetzt nicht dazu äußern.

Keine Alternative(n) zu Voves. Die SPÖ hingegen hatte erst gar keine Wahl oder zumindest kaum eine. Voves' zweiter Stellvertreter in der Regierung, Siegfried Schrittwieser, ist um ein Jahr älter als der 61-jährige Landeshauptmann, wäre also kein Erneuerungssignal. Jörg Leichtfried gilt als profilierter (EU-)Politiker, aber eher nicht als stammtischtauglich. Und Gerald Klug, heißt es, müsse sich zunächst als Verteidigungsminister beweisen, was schwierig genug ist, wie man dieser Tage sieht.

Bei der Nationalratswahl 2013 wurde die steirische SPÖ mit Klug an der Spitze von den Freiheitlichen überholt. Damit empfahl sich der situationselastische Minister nicht gerade für eine Karriere im Land, auch wenn sich im Wahlergebnis vor allem der Protest gegen die Reformpolitik der Regierung Voves ausdrückte – bzw. gegen die Art und Weise, wie sie durchgesetzt wurde: autoritär.

Andererseits – und auch das sprach für Voves – besagen die Umfragen, dass die SPÖ ohne ihren Landeshauptmann fünf bis zehn Prozentpunkte verlieren könnte. Allerdings wird es auch mit ihm nicht gerade einfach werden, jene 38,3 Prozent aus dem Jahr 2010 zu halten. Denn vom Protest gegen die Reformen, allen voran die Gemeindefusionen, profitiert naturgemäß die Opposition.

Nach der Nationalratswahl hat die FPÖ auch bei der EU-Wahl Platz eins in der Steiermark geholt. Bei der Landtagswahl rechnet sich der neue Spitzenkandidat, Mario Kunasek, deshalb gute Chancen auf Zugewinne aus. Das Gleiche gilt für die Grünen, die den bundesweiten Aufwind nützen wollen, um ihren verhältnismäßig geringen Stimmenanteil im Land, nämlich 5,55 Prozent, zu vergrößern. Und auch die KPÖ spielt nach wie vor eine Rolle in der Steiermark, vor allem in Graz.

Für alle, Regierungs- und Oppositionsparteien wird die Konkurrenz größer: Die Neos kommen dazu. Wenn es ein Land gibt, in dem das Team Stronach noch nicht abgeschrieben werden darf, dann ist es das Geburtsland ihres Gründers. Und auch die steirische Gemeindeinitiative, eine Vereinigung von rund 100 Gemeinden, die sich gegen die Zusammenlegungen wehren, überlegt noch, ob es Sinn hat, bei der Landtagswahl anzutreten.

Ein erster Stimmungstest für die Politik der Landesregierung steht bereits im Frühjahr an: Bei den Gemeinderatswahlen wird sich zeigen, wie hoch das Protestpotenzial ist – auch innerparteilich. Nicht wenige Bürgermeister könnten sich von ihren Stammparteien, also von SPÖ und ÖVP, lossagen und mit einer Namensliste antreten.

Vom ÖVP-Ergebnis bei den Kommunalwahlen will Schützenhöfer aber nicht abhängig machen, ob er im Herbst noch einmal kandidiert: Er werde seine Entscheidung noch „vor allen Wahlgängen 2015“ bekannt geben, versprach er. Taktisch ist das, bezüglich eigener Karriereplanung, ebenso nachvollziehbar wie klug. Nach den Gemeinderatswahlen könnte sie ihm nämlich abgenommen werden.

ZU DEN PERSONEN

Franz Voves, 61, ist seit 2005 Landeshauptmann der Steiermark. 2015 tritt er noch einmal als SPÖ-Spitzenkandidat an.

Hermann Schützenhöfer, 62, ist Vizelandeshauptmann seit 2005. Ob der ÖVP-Politiker noch einmal kandidiert, ist offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2014)

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